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wut und wutausbrüche

beitrag von: bihamme19

Ich zeig´s dir

 
Ich öffne die Badezimmertür in Gedanken an den Vorabend. 
"Mensch ärgere dich nicht" mit Paul und den Kindern. So ein Spaß! Sieg für die Kinder.
Wir hatten kein Würfelglück, mussten die kleinere Wohnung beziehen. Bad und Klo in einem. Auf dem Boden Kleidungsstücke. Ärgerlich. Drei Handgriffe und ich stelle die Ordnung wieder her. 
Dann ein Blick, eine Pause, gefolgt von langem Ausatmen, ruhigem Einatmen. Ich atme. Atme heftiger. Der Puls beschleunigt. Die Klobrille, schon wieder oben! Sieben Mal die Woche. Es reicht! Kann er denn nicht... Wenn er doch weiß...
Urinflecken auf der Keramik. Atmen! 
Gelbe Spritzer auf dem Boden. Sieht er das nicht? So ein Schwein!
Mit dem Wettex atmen und wischen. Ich schreie, atme, wische.
Mein Puls rast, fühle rote Flecken im Gesicht, auf der Brust. Hechle, hyperventiliere. Dreckskerl!
Ich zeig´s dir. 
Und dann pisse ich auf die weißen Bodenfliesen.


review von: Angela Lehner

Die erste Texthälfte ist gelungen, in der zweiten stimmt das Tempo nicht mehr. Es werden plötzlich größere Erzählsprünge gemacht, am Ende gibt es sogar mit dem Selbst-auf-den-Boden-Pissen eine Art Conclusio (weglassen.)

Sehr gelungen ist das Hin- und-Herspringen zwischen Erinnerungen (die ja den Frustrationsnährboden bieten) aus der Badsituation. Du kannst dich darauf verlassen, dass du schon sehr gut Situationen beschreibst, die beim Lesen die Wut nachfühlbar machen. Nachgeschobene Erklärungen wie "Ärgerlich"/"Kann er denn nicht..." sind überflüssig, das denken wir beim Lesen bereits selbst. 

Am schönsten ist die Wut im Satz "So ein Spaß!" konserviert.

Reiche doch nochmal dieselbe Sequenz - unter Beachtung der obenstehenden Hinweise - ein.
Birgit Hammer sagt
14.10.2024 22:31
Vielen Dank für den ausführlichen Kommentar. Ich hoffe, ich habe alle Hinweise richtig verstanden.