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wut und wutausbrüche

beitrag von: erwin

halbe-halbe

vor wenigen tagen kam die meldung, dass helga konrad verstorben ist, die ehemalige frauenministerin. in den medien ist von all ihren verdiensten vorrangig der satz hängen geblieben: „ganze männer machen halbe-halbe“.  in ihrer zeit als geschäftsführerin der „steirischen kulturinitiative“ hatte helga uns arbeitsweltliteraten immer wieder möglichkeiten zu publikationen, lesungen und schreibwerkstätten verschafft.
heute früh zitierte ich helgas halbe-halbe-satz, als sich meine angetraute schon wieder am  herd zu schaffen machte. leicht gereizt urgiere ich, dass es höchst an der zeit sei, mich endlich wieder einmal das mittagessen zubereiten zu lassen. die suppe habe sie schon fast fertig, erwidert meine bessere hälfte, aber wenn ich unbedingt wolle, könne ich das hauptgericht kochen: spinat mit erdäpfel. ich willige ein, aber als ich sehe, dass der spinat bereits aufgetaut ist, auf dessen verpackung ich lese, dass er noch tiefgefroren in den kochtopf zu legen sei, erwidere ich meiner liebsten, diesen pfusch könne sie selber zu ende führen, ich werde mich auf das kochen der erdäpfel beschränken. sie sagt ok.
als ich eine halbe stunde vor dem mittagessen aus den garten komme, kochen die erdäpfel bereits am herd. ich explodiere. so könne haushaltspartnerschaft nie funktionieren. es endet im schreiduell. ich wende mich ab, werfe meinen pc an und lese einen schreibaufruf. wütend hämmere ich meinen kurztext in die computertasten. jetzt ist mir leichter!

review von: Angela Lehner

Der Text wechselt von einer nüchternen Berichterstattung zu einem unmittelbaren Austausch zwischen dem Protagonisten und seiner Frau, um dann zu einer Schreibaufgabe überzugehen, die das erzählende Ich entlastet. Sollte die Schreibübung mehr als nur Stressabbau bezwecken, wären die ersten Schritte Kürzung und Fiktionalisierung. 

Die Frauenministerin und die Selbstreflexion über die Schreibaufgabe entfallen am besten. Stattdessen sollte der Fokus auf dem Potenzial eines Kochkonflikts liegen. Dieser kann durchaus in der eigenen Lebenswelt wurzeln, sich aber auch fiktional weiter- und davonentwickeln. Welche Möglichkeiten bietet ein Dialog zwischen zwei Figuren, die einander helfen wollen, sich dabei jedoch gegenseitig nerven? Erzähl uns davon.