sie sind hier: startseite / alle beiträge / Mit unfreundlichen Grüßen

wut und wutausbrüche

beitrag von: Chrissyn

Mit unfreundlichen Grüßen

Hi,
Wut ist doch doof, weil ich froh bin.
Ich kann mich auf Tee bei den Schwiegereltern freuen. Mehr darf man gar nicht erwarten! 
Sei es meinem Schwiegerpapa gegönnt, im Garten zu sein, sodass ich mit seiner Frau, die so viel teilen möchte, dass man gar nicht zu Wort kommt, alleine da sitzen mus…äh, darf. 

Wuttexte sind schlecht, weil sie der Harmonie schaden.
Wut hat auch sein gutes-Sager verstehen dies nicht.
Von diesem Aufruf fühle ich mich unangenehm gedrängt negative Gefühle herauszutragen.

Gerade merke ich, dass ich schwitze, ich zittere so sehr, dass Tee aus der Tasse schwappt, aber das ist ja keine Wut.
Jetzt ist ein Teefleck auf meiner Tischdecke! 
Es brodelt in mir. So bin ich eigentlich nicht.
So darf man nicht sein!
Das alles wegen des Aufrufes!

Mein Traum ist Musik!
Habe mir ein Studio gebaut, es statt mit Eierkartons(kaufe keine Eier mehr , weil ich dann immer das Bedürfnis habe, Leute zu bewerfen. Das gehört sich nicht) mit Brustimplantaten von meinem Chirurgenpapa, beklebt.
Ich durfte Wiederentnommene haben. Er spart sich so die Entsorgung.
Klappt gut. Die Nachbarn beschweren sich kaum.

Was soll Wut erreichen, außer die Kriminalität zu steigern?
Sie bringt niedere Taten.
Manchmal möchte ich die Möppies von der Wand reißen. Vegetarische Wut sozusagen- niemand kommt zu Schaden. 
Außer mir, weil ich dann das Studio neu bekleben muss!

Ich werde Unterschriften gegen diese Wuttexte sammeln und dann werden Sie schon sehen.

Unfreundliche Grüße
W.U.Tunichtgut

review von: Angela Lehner

Radikalisiere die Ironie. Spare Beschreibungen wie “Mehr darf man gar nicht erwarten!”, “dasitzen muss” etc. aus, du musst die Ironie nicht erklären. Die unterdrückte Wut quillt aus jedem pseudofreundlichen Kommentar. Bleibe im Ton stets dem Credo des Textes treu: “Wut ist doof, weil ich froh bin.”

Und mit diesem Credo schreibst du den inneren Monolog weiter, springe nicht zu sehr hin und her, lass die Gedanken ihren Lauf nehmen, vom Linzerschnitten-Kaffeekränzchentisch mit der Schwiegermama aus.

Dabei wirst du viele witzige Passagen und Gedanken streichen müssen, wichtig ist aber nicht, was du diesmal streichst (und in der Schublade für später aufbewahrst), sondern was dieser Text und diese Figur wirklich brauchen. Was muss in dem Text drinbleiben, um der witzigste unterdrückte-Wut-Monolog aller Zeiten zu werden? Du kannst deine Überarbeitung noch bis MORGEN (!) einreichen.

P. S. die recycleten Brustimplantate! Ich werd nicht mehr!