beitrag von: DominiQi
Richtige Prophezeiung falsch interpretiert
Die Weihnachtszeit in den Wiener Einkaufsstraßen haben irgendwie einen besonders Flair. In der Luft liegt eine geschwängerte Wolke von billigen Punschmischungen zum einen aber auch fettigen Kartoffelpuffern und verkokelten Maronis zum anderen. Eine Mischung die nur die Weihnachtszeit hervorrufen kann. Der Blick der umherlaufenden Bevölkerung ist meist derselbe: Stoisch mit einem Hauch von Gereiztheit, als würden alle gleichzeitig rufen wollen: „Warum tue ich mir das jedes Jahr aufs Neue an“! Ob dieser Habitus durch den Verzehr der lukullischen Angebote hervorgerufen wurde, oder ob der nun schon den ganzen Tag anhält, entzieht sich leider meiner Kenntnis. Alle sind irgendwie mit sich selbst beschäftigt und keiner scherrt sich um den anderen.
Drei junge Burschen, vielleicht 12 oder 13 Jahre alt, haben es sich unter einer immergrünen Hecke gemütlich gemacht. Sie beäugen ganz stolz ein Ding: Kracher, Marke Eigenbau, ca. 20x20 cm groß und hat in der Mitte eine, aus meiner Sicht viel zu kurze, Zündschnur.
Sie haben eins gemeinsam: Sie freuen sich und lachen. Als einer das Feuerzeug aus der Jackentasche zog, erkannte ich den Ernst der Lage.
Ich dachte mir noch, ich versuche die unmittelbare Menschenmasse zu stoppen, damit zumindest ein paar davon nicht in den Genuss von „Laut“ und „Staubig“ kommen.
Der begonnene Satz: „Bitte kurz stehenbleiben“ konnte nicht vollendet werden, denn als ich mit dem linken ausgestreckten Arm eine Dame am Oberarm streifte und mich alle ansahen als würde ich was Schlimmes im Schilde führen, realisierte ich schnell, dass es nun keine Zeit für Heldentaten ist, hob die Arme in die Höhe und schlängelte mich durch die mir entgegenkommende Menschenmasse. Ziel war, bloß weg von da, denn jetzt wird es gleich laut und staubig. Die Jungs haben bereits die Lunte gezündet und liefen in meine Richtung. Der Knall war so ohrenbetäubend, dass ich augenblicklich zum Lachen begann. Danach war sie zu sehen: eine Staubwolke bestehend aus Kreide, Mehl, Kakao, Kaffee und Staubzucker.
Auf einmal keine gestressten Mitmenschen mehr. Alle waren betroffen und halfen sich gegenseitig den Staub von den Schultern zu klopfen. Wie so eine „kleine“ Sache, die Menschen wieder zusammenbringt fand ich ganz toll. Auch die Burschen waren mit ihrer Arbeit sehr zufrieden.
Was habe ich daraus gelernt? Auch eine richtige Prophezeiung bringt wenig, wenn diese falsch interpretiert wird.
Nur was ist, wenn es dazu kommt, falsche Prophezeiungen als richtig gelten zu lassen?
Nun das ist wohl die Frage, die sich jeder selber stellen darf. Denn nur wenn wir täglich Dinge hören, lesen oder zu sehen bekommen, heißt das noch lange nicht, dass es auch so ist.
Um der Wiederholung Kontinuität zu geben, wir Menschen haben es in der Hand, wie oder ob eine Prophezeiung, ganz gleich ob richtig oder falsch, eintritt oder nicht. Nur dazusitzen und abzuwarten und dann sagen: „Sieh nur, die Prophezeiung hat gestimmt/nicht gestimmt“ ist meiner Meinung nach definitiv der falsche Weg.