upside down

beitrag von: schwarzweissgrau

Lucy liegt auf dem Boden und heult. Ein Teppich aus Rotz und Wasser breitet sich aus. Die Seele fließt aus Drüsen und Nasenflügeln. Tränen der Wut und der Verzweiflung erzeugen eine Salzlake. Lucy würde am liebsten mit den Fäusten auf den Boden schlagen, alles zertrümmern, zerfetzten, aber sie kann es nicht. Ihre Arme sind verschwunden, die Hände weg. Ihre Finger haben sich in Zehen verwandelt und die Ellenbögen in Knie.  
Flügel hat sie sich gewünscht, aber ein zweites Paar Beine bekommen. Zugegeben: viele wären froh, wenn sie solche Beine hätten: lange, schlanke, glatte Werbebeine für tights & pants, für sneaker & loafer, für soap & skin. Aber gleich vier?

Irgendwie schafft sie es, sich aufzurappeln. Mit größter Willensanstrengung kippt das Bild ins Hochformat. Lucy möchte den Alptraum wegduschen. Unfähig, sich aus den Schuhen zu befreien, schlägt sie so lange mit dem Kopf gegen die Wand, bis das Bild ins Querformat kippt. Müde treibt Lucy im Pool und blinzelt in den  blauen Himmel.

review von: Sophia Süßmilch

das ist formal ein guter text, irgendwie drehbuchartig? sehr beschreibend auch, weiß nicht ob ich das so gut finde. 
aber: ich mag nicht bilder von frauenfiguren, die mit trauer und hilflosigkeit und schlankheit und gewalt verknüpft sind. eben solche, wie man es aus filmen etc. kennt. 
man ist es so gewohnt. 
aber ich bin eben feministin und wünsche mir so sehr eine erweiterung der gewohnten bilder. 
das sind meine gefühle dazu- 
formal ist das ein super interessanter und sehr gut geschriebener text, chapeau!