michael ziegelwagner
Weihnachtliche Umnachtung - weihnachten mit de sade

michael ziegelwagner (aut) Weihnachtliche Umnachtung

beitrag von: malaidoskop

Weihnachtliche Umnachtung

weihnachten mit H.P. Lovecraft

Spät zu Heiligabend, lief ich umnachtet vom Lesen der geheimen Schriften des St Nikolaus, in Richtung meiner Herberge. Düster und somnambul lagen die Gassen des Dorfes Vitz zwischen den beidseitig drohend emporragenden nicht-euklidisch geformten obsidianschwarzen Bergmassiven, in beklemmender Enge eingepfercht, wie eine korpulente Operndiva in einem zu engen Korsett. 

Undefinierbare Schreie erschallten aus der Höhe, den Verlautbarungen eines grausig entstellten Vogels gleich, doch waren es die verzerrten Stimmen von Perchten und von Madrigalisten, welche durch den Schnee sprangen und eindringlich auf der Anhöhe sangen. O weh! So schwer der Sack, unheilige Fratzen. Der Himmel war grün durchleuchtet von einem Hauch astraler Aurea Borealis, die jedoch wabernd herniedersank, um mir die Luft zu rauben. Es roch nach Zimt und Glühwein, meine Sinne schwanden in dieser benebelten Esktase. Ich hielt mich an einer Häuserwand fest, umnachtet, verzweifelt, knickten meine Knie ein. Ich fiel mit dem Gesicht voran auf die schneebedeckten Stiefel eines Perchten.

Als ich erwachte, war ich in einer warmen Kammer. Das Zimmer war in einem Holzhaus, im Kamin brannte ein Feuer und man sagte mir, ich habe im Delirium um mich geschlagen und nur von dem Geschrei der Perchten gewarnt, eindringlich, schreiend, mich selbst verletzend und mir die Haare ausreissend. In der Ecke stand der Weihnachtsbaum und an der Wand hingen ein Dutzend Krampus-Masken, die mir beinahe lebendig vorkamen.

review von: michael ziegelwagner

Schön, zum ersten Mal der Themenkomplex "Krampus"! "Die geheimen Schriften des St. Nikolaus" sind gleich ein Lacher. Die "beidseitig drohend emporragenden nicht-euklidisch geformten obsidianschwarzen Bergmassive" klingen sehr parodistisch, sind solche über-akkuraten Beschreibungen Lovecrafts Spezialität? (Auch diese Lektüre ist lange her bei mir.) Gute Atmosphäre. Insgesamt ein starker erster Absatz. 
Ab dem zweiten verrutscht es an manchen Stellen. "Den Verlautbarungen eines grausig entstellten Vogels gleich" – haben entstellte Vögel besonders schlimme Stimmen? Ist es wirklich die Ekstase, die benebelt ist? Vor "knickten meine Knie ein" stimmt der Anschluss nicht. "Von dem Geschrei" → "vor dem Geschrei". Mit ein wenig Überarbeitung und sauberer Verleimung der kritischen Stellen hat das das Potential zu einer hübschen Geschichte. Ein bisschen fehlt mir am Ende aber der Sturz ins Profane: Damit die Parodie wirkt, müsste der Horror entzaubert werden. So liest es sich, als wär’s vielleicht ein Traum gewesen, aber der Schrecken bleibt.

kommentare

Mala Mukherjee Suess
30.11.2025 00:37

Diese Geschichte sollte mit der Sprechstimme eines Snape vorgetragen werden. Und ja, diese überakkuraten Beschreibungen dieser „eldritch abominations of non euclidian architecture towering over the village“ sind im Original typische Lovecraftiana. Dieses das Profane in den Schrecken zu ziehen, war mein Ziel damit. Danke fürs Feedback.
Mala

michael ziegelwagner
30.11.2025 15:11

Snape, Lovecraft, Weihnachten -- eine wilde Mischung. Vielen Dank für den Nachtrag und die Erklärung!

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