beitrag von: beatemayrk
marantanna!
wünsch mir wohl du wärst ein lausmensch würfest du beim spiegel vor der psyche die weiße kombinesche im schatten meiner kemenate auf die scheslong wüschest dir die hände in unschuld im lavur
schule für dichtung
vienna poetry school
wünsch mir wohl du wärst ein lausmensch würfest du beim spiegel vor der psyche die weiße kombinesche im schatten meiner kemenate auf die scheslong wüschest dir die hände in unschuld im lavur
Sehr schön! Die Entwicklung der Möbelstücke von Psyche bis Scheslong ist wirklich sehr, sehr hübsch! Auch äußerst hübsch ist die Verbindung von wünsch – würfest – wüschest. Das bringt eine super pipifeine Struktur hinein. Überhaupt finde ich großartig, dass das Gedicht so viele Rätsel bietet. Allein schon, dass der Titel Marantanna! mit Doppel-N geschrieben ist, verstärkt die Herleitung von „Maria und Anna!“ (Anm. für andere Kolleginnen und Kollegen: Ausruf des Erstaunens wie Jessasmariandjosef!), was freilich suggeriert, dass von Anfang an zwei Frauen zugegen sein müssten. So erklärt sich schön das Wort Lausmensch – eine Frau wird ja kein Lausbub sein. Super ist das nächste Rätsel: Psyche könnte ja noch die Seele sein und nicht das Damen-Möbelstück, bei der Kombinesche bleibt man ein bisschen hängen, bis man spätestens bei der Chaise longue kapiert, dass da mit einer Combinège geworfen werden soll … Die Kombo aus Combinège und Lavoir deutet dann ganz bisschen an, dass wir uns in einem Bordellzimmer befinden. Nochmal, ich bin begeistert! Ein subtiler Henry Miller auf Artmann! Drei Kleinigkeiten nur finde ich diskussionswürdig: 1) Der Vers: „beim spiegel vor der psyche“ könnte besser sein. Der Spiegel ist ja fixer Bestandteil einer Psyche, streng genommen suggeriert der Vers also, dass sich vor dem Spiegel der Psyche noch ein anderer Spiegel befinde. Verbesserungsvorschlag z.B. „im Spiegelbild der Psyche“. 2) Der Vers: „im schatten meiner kemenate“ ist sehr schön, wirft mich aber ein bisschen aus dem Gedicht. Die Kemenate erscheint mir als Steigerung von Kombinesche (es soll ja eine Steigerung stattfinden, damit sich der Satz im letzten Vers der Strophe entspannt) irgendwie schwach. Außerdem suggeriert die Kemenate ein Schlosszimmer, Kemenate ist nobel (selbst wenn sie als Bild für einen anderen „Innenraum“ verstanden werden kann), Kombinesche ist eindeutig sexuell aufgeladen. Meines Erachtens wäre es stärker, die Verse 5 und 6 zu tauschen. Außerdem scheint mir der Vers „im schatten meiner kemenate“ eine Hebung zu lang zu sein. Das holpert ein bisschen. Vorschlag: würfest du im spiegelbild der psyche in meiner kemenate / meiner kemenate / der dunklen kemenate / der düstern kemenate / der schattenkemenate die weiße kombinesche auf die scheslong Schade um den „Schatten“ natürlich … Vielleicht ist mein Vorschlag auch schon zu glatt … 3) Die Verse „in unschuld / im lavur“ sind eine doppelte Pointe. So wirkt der letzte Vers, als wäre er ein Zusatz, der nur um des schönen Wortes „lavur“ willen da ist. Wenn man hier die Verse 9 und 10 vertauscht, bekommt das ganze mehr Spannung, und das Lavur passt dann plötzlich. Vorschlag: wüschest dir in unschuld die hände im lavur So wird das „in unschuld“ vielleicht zu einem stärkeren Rätsel: Geht es um das „Hände in Unschuld waschen“ des Pilatus oder wäschst sich eine "Jungfrau Maria" (ähem) in Unschuld (ähem) die Hände (na klar!) im Lavur (wo sonst?). Vielen Dank für dieses Gedicht! Wenn Sie mehr haben, bitte, her damit. Alles Liebe, OC.
Ihr Gedicht ist wirklich super gut! Ich habe in der Tat sogar gleich einen Kollegen angerufen, den ich wirklich schätze, um ihn zu fragen, ob es von ihm sei! Wie gesagt: Sofern Sie mehr haben, immer her damit! Das mein ich ernst.
Ich habe jetzt tatsächlich ein paar Tage gezögert, die Review auf mein Gedicht abzurufen, weil ich gefürchtet habe, es würde völlig missverstanden werden. ... Die Furcht war unbegründet. Vielen Dank für diese Review!! Ich habe mich sehr gefreut, weiß die großartigen Vorschläge sehr zu schätzen und werde das Gedicht noch überarbeiten. Alles Liebe, BMK.