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geheimnachrichten an h.c. artmann

beitrag von: trivialpoet

weldbrenne

en beeser Vogel feierrot, stohd
do uff deim daube deez, feez
sod sei, e fremme gluud, dud
laud de morge brenne: flenne!

....

die klassifizierung "lustig" kann ich so nicht auf mir sitzen lassen ;-)

deshalb, kurzerhand, kurze geheimnachricht, nicht lustig

ich habe den text (da dialekt) auch mal spontan eingesprochen, für den/ die es interessiert:
http://mundartautor.de/sfd/weldbrenne.mp3

review von: ondřej cikán

Super! Hört sich echt ganz toll an, vor allem wegen der „Doppelreime“ und der irren Enjambements. Und, mit Verlaub, ich find das lustig: lustvoll und witzig. Bei dem Imperativ „Flenne!“ lachen ja die Hühner, da könnte das Thema noch so ernst sein. Und das ist gut so – nua ka schmoez how e xogt! nua ka schmoez ned ...

Zur Sicherheit: „daube deez“ ist „tauber Kopf“? Und „feez“ ist „Unsinn“? (Welchem hochdeutschen Wort entspräche das?) „Gluud“ ist „Glut“? 

Danke auch für die Aufnahme! Sehr schön gelesen.
Johann Nikolaus Schneider sagt
08.06.2021 22:24
Toll die Tonspur und der Text, danke! Ich wollte mit "lustig" nicht klassifizieren, sondern nur meinen Spaß mit Ihrem Text beschreiben. Den habe ich übrigens auch mit weldbrenne.
samya hamieda lind sagt
09.06.2021 08:26
mich beeindruckt dieser dialekt. gschrieben und gelesen. er gibt meines erachtens viele archaische höhen und tiefen her.
Michael Köhler sagt
09.06.2021 10:34
vielen dank für die freundlichen wertungen und kommentare

@ondřej cikán - vollkommen richtig übersetzt
allerdings muss ich gestehen, dass nicht alle wörter lupenreiner dialekt (z.b. gluud) sind und manchen purisiten wohl auf die barrikaden treiben würde. um rhythmus und melodie zu verstärken, habe ich da ein wenig geschummelt.

bitte richtig verstehen, das „lustig-monieren“ ist nur bedingt ernst gemeint, schreit doch unsere
tragikomische existenz, meiner meinung nach, geradezu nach einem solchen reflektieren:
der ironischen pendelbewegung zwischen komisch und tragisch ...

am schluss noch eine kleine liebeserklärung an den dialekt. während in machen kreisen es verpönt scheint, dialekt zu verwenden, empfinde ich es als ein privileg das zusätzliche element der mundart zur verfügung zu haben. gerade in der lyrik ist dies ein pfund mit dem es sich sprachmelodisch und inhaltlich trefflich wuchern lässt ... von der spracherotischen anmutung und der fast kindlichen lust am silbespiel mal ganz abgesehen ;-)
ondřej cikán sagt
10.06.2021 16:16
"So viele Sprachen man spricht, so oft ist man ein Mensch", sagt man auf Tschechisch. Jede Sprache und jeder Dialekt bieten natürlich zusätzliche Ausdrucksmöglichkeiten und andere Perspektiven (und folglich Denkmöglichkeiten). Auf jeden Fall ist es super, im Dialekt zu schreiben und ihn auch zu sprechen! Des Rhythmus und der Melodie wegen ein bisschen zu schummeln ist völlig ok: Bis ins 19. Jh. hinein gab es ja gar keine Rechtschreibreguln.