beitrag von: SofieMorin
1. Fallsucht
Diesseits und jenseits lexikalischer Einträge haben wir uns viele Krankheiten erfunden und noch mehr übersehen. Ihre Namen so zahlreich wie unser Bangen um Gesundung jämmerlich. Ordnungswahn das Leitsymptom. Die Differentialdiagnose hat sich irgendwo zwischen Höffigkeitsgebiet und Ozonschicht verhakt. Derweil kategorisieren wir munter weiter.
Nicht alle Erkrankungen werden von uns besessen, nicht alles Gewürm uns eingemeindet. Diverse Endoparasiten, die wir in unserer Weltsicht nicht beherbergen, lassen die anderen umso deutlicher hervortreten. Existenz immer ein Hervorstechen. Und postmoderne Wendigkeit nur eine Ausnahme. Zuweilen ists befriedigender, keine simple Lösung zu haben - she. 6. Begehren.
Nicht von allen Pathologien sind wir gleichermaßen besessen. Aber alle kranken wir an der Fallsucht unserer Gedanken. Schreibend das Ich weglassen, es hinterm Wir Deckung suchen lassen. Die Anklagebank ist übervoll, ein Gupf drauf. Linderung aber wäre flüssig, oder besser: ein Myzel.
review von: Raphaela Edelbauer
Hallo Sofie, hihi. Dein Text hat eine Ambiguität: Auf der einen Seite scheint unsere Kategirisierung das Problem zu sein, auf der anderen geht es doch um „echte“ Krankheiten. Das ist auf der einen Seite eine Stärke des Textes; auf der anderen ist man, finde ich, bei manchen Sätzen ratlos, welche der beiden Aspekte man gerade vor sich hat. Gerade in einem so kurzen Text würde ich daher vielleicht bei einem bleiben und das andere dann als eine Pointe einbauen. Weißt du, was ich meine?