beitrag von: chzureich
Motten ausrotten
Ich bin dafür, die Motten
auszurotten!
Weil: Sie gehen mir ans Gemüt.
Immer wenn ich eine seh
seh ich: den Zahn der Zeit, wie er nagt
Gerade fliegt eine in meinem Zimmer -
bald frisst sie sich durchs grüne Kleid aus Seide
das heute neu und doch
schon gemarkt, miniert, zerlöchert, passé und vorbei ist
für immer
egal wie zukünftig das Ereignis: unausweichlich, wie mein eigener Zerfall!
Weiß ich, daran muss ich nicht erinnert werden von einer ugly Variante Schmetterling!
Wie sie die Vanitas mit schmutziggrauen Schuppenflügeln mimt!
Darum muss sie jetzt dran glauben! Wenn nicht als Art, dann doch wenigstens persönlich!
Dreimal klatsch ich Luft, die nichts enthält
kein Mottenplus
bevor ich meinen Daumen schrauben kann aufs Fenstersims.
Unter meinem Finger das Vieh zerfällt
zu Staub
herrjeh, es zerfällt zu Staub
symbolschwanger
zu Staub
ich fühl mich ähnlich.
Motten gehören ausgerottet damit ich das nimmer sehen muss
ist das zu viel verlangt?
review von: martin fritz
unsicher bin ich immer etwas, wo kritik in vernichtungswünsche übergeht; hier ist zu hoffen, dass die ich-erzählstimme durch die selbstreflexive pointe am ende des textes das widersinnige davon eh selbst einsieht. und wer hat nicht bereits angesichts des verlusts geliebter kleidungsstücken ähnliche stoßseufzer geseufzt! abteilung "nur ein detail, aber": natürlich habe ich nichts grundsätzliches gegen anglizismen, aber über das "ugly" bin ich gestolpert, warum gerade dieses attribut? ließe sich ein anderes finden oder muss es (weshalb?) gerade dieses sein? generell frage ich mich angesichts dessen, dass wir eigentlich mehr über das tier namens "ich" und dessen haltung zu motten erfahren als über die motten selbst, ob oder wie vielleicht noch etwas mehr licht auf die motten gelenkt werden könnte?
wäre der motten-text jedenfalls ein anemonenfisch, er wäre ein oman-anemonenfisch.