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kritik der tiere

beitrag von: trivialpoet

Quantentheoretisch-südfränkische Betrachtung eines nächtlichen Mückenüberfalls

E Sirre zwische do un fort
dud gnitz im Dungle schwinge                       
un schdändich an rem anre Ort
isch selles nervich Singe. 

Des Summe had e g’hoime Quell’ 
un will so gar ned weiche  
‘s kommt als Schdoß un a als Well’
dud bees de Schloof verscheiche. 

Sell Wisse iwwers Wie un Wo 
bleibd ohne Sichd verborge
willsch also ans Erkenne dro
musch fir Beleichdung sorge.

Doch s‘ Miggle isch als ned zum seh,
grad wie im niemols Do vergroche,
fir derre Sach’ rechd uff de Grund zu geh 
isch d’Wellefunktion zammebroche.


welle = wollen
Miggle = Mücke




review von: martin fritz

ich muss ehrlich gestehen, dass ich angesichts der fränkischen sprache fast an meine sprachkompetenz-grenzen gerate (vor allem was ideen zur verbesserung betrifft). umso mehr oder auch gerade deshalb freut mich dieser beitrag, der die sprachliche vielfalt dieser klasse erweitert (und danke auch für das glossar!). ich bin fasziniert, wie zwingend sich die nächtliche willensauflösung der schlafsuchenden durch die ab/anwesende mücke hier allein durch die sprache mit der physik von schall/lichtwellen verbindet. ich habe gelernt: wäre ein tier namens erwin schrödinger südfranke gewesen, der welle-teilchen-dualismus und überhaupt die quantenphysik wäre für viele zugänglicher geworden als es eben mit der katze gekommen ist. wenn das mal kein lob der mücke ist! hätte das vielleicht in einem weiteren vierzeiler noch expliziert werden können oder würde dadurch alles zu sehr ausbuchstabiert?

wäre diese betrachtung ein anemonenfisch, wäre sie ein weissbinden-glühkohlen-anemonenfisch.
Michael Köhler sagt
24.04.2022 17:37
vielen dank für die rückmeldung.

dialekt zu verwenden ist aus gründen allgemeiner verständlichkeit nicht ohne risiko. aber ich finde mundart erweitert den sprachhorizont und gerade in der lyrik bietet sie ungeahnte möglichkeiten.

ein lob auf die stechmücke? … ist das nicht ein wenig zu viel verlangt ;-) ?

was die person erwin schrödinger anbetrifft, so ist sie bekanntermaßen selbst eine art blackbox. lässt man licht auf ihr inneres fallen, findet man dort so manch unliebsame überraschung. aber das ist eine andere geschichte.

übrigens wäre schrödingers katze durchaus einer betrachtung im rahmen dieses kurses wert.
martin fritz sagt
24.04.2022 18:04
stimmt schon, ein lob der stechmücke wäre viel gefordert, aber wo dürfen wir schon viel wollen, wenn nicht hier. und ich hoffe, ich habe klar genug gemacht, dass ich persönlich dialekttexte (wie diesen) sehr schätze. texte zu schrödinger oder schrödingers katze lese ich also natürlich gerne, auch und gerade in dialekten...