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kritik der tiere

beitrag von: samya

wüstenzuhause.

da sind nicht berge.
flach ist das land.
und trocken. schwer.
der sand. er lebt.
irgendwas rauscht.
kein wasser weit und breit.

angst atmet mich.
und schon kommt da ein tier.
schlängelnd bringt es neu:
die sünde.
versteckt in meine phantasie.
die alte frucht ist längst verdorrt.

ich greife zu.
erbebe.
das tier lacht laut.
verschwindet.
lässt seine abgestreifte haut zurück.

erwachend bedecke ich mich
in meinen traum.
und mache mich auf
die schlange zu finden.

irgendwo wird sie ja sein.
gewiss.

review von: martin fritz

wie schön, wie hier in der reduktion auf die einfachen, kurzen sätze und zeilen ohne viel getöse so viel atmosphäre und raum aufgemacht wird. auch der wechsel der ebenen zwischen traum und erwachen funktioniert für mich sehr gut. ich mag es übrigens persönlich (und das ist nur eine persönliche präferenz, für die mir keine wirklichen argumente einfallen) nicht so sehr, wenn texte attribute von tieren aufgreifen, die ihnen in kanonischen texten zugesprochen werden (wie hier die sünde der schlange), aber der text schafft das kunststück, dass es mich hier nicht stört. wie das? faszinierend! und nur eine spontane idee: was wäre, würde der text die schlange gar nie explizit benennen und nur ihre spuren (die wüste, die haut, die frucht/sünde...) auslegen und damit das irgendwo-sein der schlange unschärfer und damit schärfer herausstellen? würden dann auch die überraschenden elemente wie das laute lachen der schlange (meine lieblingsstelle übrigens) noch funktionieren, stärker oder schwächer werden?

wäre das wüstenzuhause ein anemonenfisch, wäre er ein halsband-anemonenfisch.
samya hamieda lind sagt
24.04.2022 18:03
danke für die rückmeldung.
ich nehme die inputs gerne auf und mach' was draus.
martin fritz sagt
24.04.2022 18:11
freut mich!
samya hamieda lind sagt
24.04.2022 19:20
danke.
Jörn Budesheim sagt
29.04.2022 09:27
"erwachend bedecke ich mich"

Tolle Zeile!