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kritik der tiere

beitrag von: SilkeScheffel

unter uns die Silberfische

Teppichfransenfraß 
nur eine der Vorlieben 
dieser zweifelhaften Art 
die nur betritt 
was nicht vom Licht gerahmt
umfassend unter uns übrig bleibt
undeutlich die Hohlräume 
denen sie absichtsvoll entströmen
auf der Suche nach Zerfall
schwimmen ihren Silberkörper durch den Schmutz
evolutionsresistent
die Tiere des Besitzers
der Schreck geschäumt 
den Raum verlässt
wohl hoffend 
er bliebe kurz allein


review von: martin fritz

dass der text schon im titel die silberfischchen ihres diminuitivs entledigt, finde ich natürlich uneingeschränkt gut. ich kann auch sonst fast nur schwärmen über diesen text über diese zweifelhafte art und ihr absichtsvolles entströmen (beides wendungen, die ich intuitiv sofort zu verstehen glaube und am liebsten gleich in meinen aktiven wortschatz übernehmen will). sehr gut auch, wie der "besitzer" im letzten drittel unvermittelt im genitiv auftaucht, ohne dass klar ist, was (oder wen) er hier eigentlich besitzt. und "schreck geschäumt" ist er auch noch! eine stelle aber gibt es, über die ich stolpere, die zeile "schwimmen ihren Silberkörper durch den Schmutz". dabei ist es doch gerade eine der superpowers von silberfischen, dass sie auch in abwesenheit von schmutz (wobei natürlich auch erst zu klären wäre, wer was als schmutz betrachtet) ihr auslangen finden. jedenfalls: irgendwie schränkt das wort sie also hier für mein gefühl zu sehr ein oder stellt sie in die falsche umgebung. aber vielleicht ist das auch kleinliches bekritteln eines details, anlässlich dessen der text dann zurecht sich wünschen kann, er bliebe kurz allein.

wären die silberfische ein anemonenfisch, sie wären ein chagos-anemonenfisch.
Silke Scheffel sagt
27.04.2022 07:50
Vielen lieben Dank erneut für das sorgfältige und sorgsame Lesen des Textes. "der Schmutz" ist nicht ganz ausgereift und sollte wohl die Sicht des Besitzers, bzw seine Einstellung zu den Tieren signalisieren, allerdings gebe ich zu, dass er dort etwas zu sehr verallgemeinert. Ich werde mal überlegen, wie sich die Stelle eleganter lösen lässt. ein interessantes Detail habe ich gelesen, umgangssprachlich bezeichnet man die Tiere wohl auch als "Zuckergast" , was wirklich weit weg von Schmutz ist....Lieber Gruß
martin fritz sagt
27.04.2022 09:51
sehr gern. fast freut es mich, dass wir beim schmutz also übereinstimmen. und ich verstehe schon, dass das die perspektive des besitzers wiedergeben soll, nur fällt mir auf die schnelle eben auch kein besserer begriff ein, sonst hätte ich schon was vorgeschlagen. "zuckergast" kannte ich auch noch nicht, das ist natürlich ein gefundenes fressen für weitere assoziationsräume...