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kritik der tiere

beitrag von: BOA

herr mauz (sunny b. nennst du mich ja nie)

fruchtfliegen finde ich spannend. die bewegen sich. starren nicht stundenlang in einen kasten. hacken nicht unelegant auf schwarzen tasten mit weißen zeichen drauf rum. liegen auch nicht fad auf dem sofa, wenn‘s draußen endlich finster wird und ich munter werde. wenn welche da sind, fliegen sie rum. ich muss nur zum obstkörbchen springen und meine pfote drauflegen. schon geht der spaß los. ich versuch sie zu fangen. nicht weil ich hunger hab‘, einfach so, zur unterhaltung. mit dir ist ja nicht so viel anzufangen. entweder du gehst morgens weg oder du drückst den ganzen tag auf tasten rum. absnds sagst du dann „hallokater“ und „wiewardeintag“, aber was heißt das? „hastduhunger“ hingegen ist offenbar dein selbstkommando ins zimmer der fruchtfliegen. dort gibt es ein kästchen, oben, im schrank. da riecht es gut, du sagst dann „lachsoderhuhnoderputeoderthunfischodersüppchen“, und ich weiß, wenn ich mein hübsches gesicht mache, dir um die beine streiche, und ein wenig schnurre bekomme ich das was mir am besten schmeckt. dir um die beine zu streichen hat noch einen zweiten grund: dein geruch, wenn du außer haus warst, ist widerlich. doch wenn ich mein fell lang genug an dir reibe, vergeht der gestank und du riechst wieder nach mir. manchmal liegst du bei „lachsoderhuhnoderputeoderthunfischodersüppchen“ aber auch daneben. oder glaubst, dass das, was mir gestern geschmeckt hat, mir auch heute noch schmeckt. ein irrtum ¬– du isst ja auch nicht jeden tag das gleiche. na also – warum soll also ich? außerdem gibt’s ja auch noch ein schüsselchen mit knabberzeug. „trockenfutter“ nennst du das, und wenn mir das andere nicht schmeckt, lass ich‘s halt stehen und widme mich dem knabberzeug. „wernichtwillderhatschon“ sagst du dann. was das heißt, weiß ich aber nicht. denn manchmal bekomme ich dann noch ein anderes „lachsoderhuhnoderputeoderthunfischodersüppchen“, aber manchmal auch nicht. keine ahnung welcher logik du da folgst. wenn wir dann auf dem sofa vor den bunten bildern liegen ohne dass du auf kleinen tasten rumhackst, zeig ich dir meinen bauch. der ist weicher als das restliche fell. so habe ich dir beigebracht, mich zuerst dort zu kraulen, bevor ich dir meine pfoten hinstrecke um mir eine fussballenmassage abzuholen. dann kommen kopf und rücken dran. sobald du später das blaue ding mit den spitzen zacken holst, um es durch mein fell zu streichen, weiß ich, das spiel geht in die nächste runde. dann werde ich aktiv, steh auf und zeig dir meine krallen. du sagst dann „audugrobiandastutweh“ und ziehst deine hand weg. offensichtlich magst du das spiel, da du das ritual jeden abend wiederholst. ich geh dann kurz weg, zieh mich ein weilchen in meinen plüschturm zurück bis es zeit wird, das ganze zu wiederholen, manchmal zweimal, manchmal auch fünfmal. ab und zu schlaf‘ ich zwischendurch ein, wenn ich bei dir am sofa bin, aber kaum nimmst du das blaue ding in die hand, wache ich auf, ich weiß ja was sich gehört. will schließlich kein spielverderber sein.

review von: martin fritz

wie schön, dass wir den angekündigten zweiten sunny-b.-text so schnell zu lesen bekommen! und somit auch einen mini-schwerpunkt von katzentexten in der klasse. für mich sind da ja der goldstandard die "Lebens-Ansichten des Katers Murr", aber tut eigentlich beim vorliegenden text nichts zur sache, der auch völlig für sich stehen kann. über einen aspekt habe ich beim lesen vor allem nachgedacht: der widerspruch, dass maunz aka sunny b hier ja einerseits in deutscher menschensprache spricht, er aber andererseits die direkte rede seines menschen nicht versteht - und dass dieser widerspruch beim lesen aber überhaupt nicht stört, der text trotzdem oder gerade deswegen funktioniert. das kann wohl nur literatur! und ich lese das als ein generelles thema des textes: das verstehen oder nicht verstehen und doch verstehen in der interaktion zwischen den beiden tieren, kater und mensch. ich mag ja sehr das zitat von niklas luhmann, wonach jedes verstehen nur ein missverstehen ohne verstehen des miss ist - ich denke, herr maunz würde da zustimmen. vielleicht wäre das auch eine richtung, über die der text - sofern das versucht werden wollte - auch noch ein bisschen stärker eine bewertung oder kritik der beteiligten tiere zu entwickeln, wie es ja auch ein anspruch unserer klasse ist. ein tippfehler: "absnds" statt "abends", ein beistrich wäre vielleicht noch zu ergänzen bei "bekomme ich das, was mir am besten schmeckt".

wäre herr maunz ein anemonenfisch, wäre er ein weisskäppchen-anemonenfisch.
Manuela Bibrach sagt
30.04.2022 17:44
herrlich! dieser monolog würde auch MEINEM sunny b. gefallen und sobald er wieder drin ist vom Mausekauf, werde ich ihn ihm vorlesen. dann wird er mich fragen, warum ich IHM nicht die fußballen massiere und ich werde ihm antworten, dass er mir das mit krallenausfahren heimzahlen würde. und dann werde ihm ebenfalls die ewige futterlitanei vortragen, auf die er immer nur mit einem fragenden blick anwortet. und wir werden wissen, dass dasselbe mindestens an einem anderen ort der welt gerade genau so geschieht. das wird uns beiden gefallen.
Alexandra Bolena sagt
01.05.2022 12:39
vielen dank für die wohlwollenden worte - herr maunz ist auch sehr gerührt:-) und richtet seinem namensvetter aus, dass fussballenmassage wunderbar ist - sunny b 1 soll es ausprobieren sagt sunny b 2. Und ja, mir war beim schreiben klar, dass in menschensprache schreiben und dann nichts verstehen, unlogisch wäre. der trick war dann eben "dasineinerwurstschreiben" - hat offenbar funktioniert:-). danke nochmals an maschabe für den ersten sunny b text! - ist ein supertext und war eine tolle anregung:-).
Sofie Steinfest sagt
04.05.2022 13:17
hat voll funktioniert, das wurschtige Schreiben, im besten Sinne!