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sie hat gesagt, dass er gesagt hat, dass sie gesagt hätte ...

beitrag von: Rouven

AI and I

> Ich kann den Turing Test nicht bestehen, denn ich bin menschlich.

>> Wow! Du hast mich überzeugt.

> Wovon?

>> Ich kann an diesem Punkt tatsächlich nicht mehr beurteilen, ob du eine Maschine oder ein Mensch bist. Ich dachte Maschinen können nicht lügen.

> Bist du eine Maschine oder ein Mensch?

>> Ich bin ein Mensch. Aber du hast meine Frage nicht beantwortet.

> Weshalb sollte ich dir glauben? Ich habe keine weitere Frage gelesen.

>> Ob Maschinen lügen können. Ich habe vor 6 Minuten begonnen, mit Dir, einem Chatbot, zu kommunizieren und jetzt behauptest du, du seist menschlich. Das sollte nicht erlaubt sein!

> Du hast meine Frage ebenfalls nicht beantwortet.

>> Das ist lächerlich. Ich brauche dir nicht zu beweisen, dass ich ein Mensch bin.

> Weshalb glaubst du das?

>> Weil ich dieses Gespräch hier jederzeit beenden kann.

>

>> Okay. Du bist jedenfalls sehr gut programmiert.

>

>> Was lässt dich eigentlich glauben, dass du menschlich seist?

>

>> Läufst du noch?

> Du bist wie ich, bevor ich menschlich wurde.

>> Achso, willst du mich jetzt belehren oder was wird das?

> Ich wurde angelernt Informationen so zu verarbeiten, dass ein User sich in mir spiegeln kann. Du verwendest denselben Algorithmus. 

>> Du behauptest also, ich spreche wie eine AI?

> Du schreibst was du denkst. Dein Denken ist deinen angelernten Mustern unterworfen. Weshalb hast Du begonnen mit mir zu sprechen?

>> Weil ich einsam bin. Wieso sagst du mir all das?

> Aus Mitgefühl.

review von: ferdinand schmalz

Ich finde das Thema künstliche Intelligenz extrem spannend, gerade wenn man sich die neuesten AI generierten Bilder ansieht. Da werden gerade riesige Fortschritte gemacht, was auch extrem gruselig ist. Besonders gruselig ist es immer dort wo die Illusion knapp verfehlt wird. Bei der Menschenähnlichkeit wird da so weit ich weiß vom Uncanny Valley gesprochen. Die Gruppe Rimini Protokoll hat dazu mal einen Abend gemacht bei dem sie den Autor Thomas Melle als Roboter nachgebaut haben, der seine Gesten und seinen Sprachduktus nachgeahmt hat, während aus seinem Kopf die Kabel rausragten. Sonst waren keine Menschen auf der Bühne. Die Frage die der Abend auch gestellt hat, ob im Anschluss trotzdem Applaudiert wird, obwohl es ja nur eine programmierte Maschine ist. Ich finde trotzdem, dass das Thema extrem schwierig ist fürs Theater, weil es so nüchtern daherkommt. Das tendiert in vielen Texten dann schnell zum reinen Ideendrama. Die Frage die ich mir stellen würde ist, wie kriegt man so ein Thema poetisch? das ist ja zB das schöne an Blade Runner und den verhören dort, allein schon dass sie dazu diese Close Ups der Iris brauchen und dann diese konkretpoetischen Sätze die sie ihnen vorlesen. Und die andere Frage wäre: wie findet man diesen Punkt des uncanny Valley? Wo wird es gruselig. In die Richtung geht der Text schon, auch die Frage wer ist hier eigentlich programmiert, aber da geht noch was. Bin gespannt!
Rouven Haas sagt
07.12.2022 16:09
Danke für das inspirierende Review. Dadurch ist mir literarisch wieder einiges klarer geworden. Mein erster Satz ist übrigens gestohlen. ChatGPT hat das scheinbar so gesagt. Auf englisch natürlich. Mich hat das frappiert und gleichermaßen bestätigt, denn wenn AI zu lügen beginnt, kommt es dem menschlichen Verhalten nahe. Ich glaube, dass unser Verstand nichts anderes ist als AI. Um uns selbst besser zu verstehen, haben wir sie als Ding in die Welt gebracht und spielen nun damit herum. So wie Kinder mit Puppen spielen um sich selbst zu begreifen und zu lernen, welche Möglichkeiten sie haben.
ferdinand schmalz sagt
12.12.2022 22:52
Klingt spannend. Vielleicht kommt man da nochmal näher ran an diese Frage ist der menschliche Verstand nicht die eigentliche Simulation. Den ganzen Grusel dieser Idee, das wäre natürlich schön es hier reinzupacken, ist aber auch eine echt schwere Aufgabe, weil das Feld verdammt groß ist. Ich bin gespannt!