beitrag von: kathi
oT
'Wie wäre Chagrin-Leder?'
'Könnte man machen.'
'Ich möchte das Etui aus diesem gefertigt. Haben Sie Muster vorrätig?'
'Ich werde mich bis zur nächsten Anprobe darum bemühen. Soll es in der Farbe zu Ihrem Anzug passen?'
'Ich möchte es grau oder anthrazit, Hommert.'
'Wie Sie wünschen, Herr Dr., bis nächsten Dienstag habe ich das hier.'
Die Türe fiel hinter dem Dr. ins Schloss, Hommert wischte sich mit einem Stofftaschentuch über die Stirn. Diese Anprobe wäre fast schief gegangen, da er um ein Haar in den Saum der Hose geschnitten hätte, während der Nacht zuvor. Er war eingeschlafen, die Schere in der Hand, zwischen ihren Klingen ein fast fertiges Hosenbein.
Ria hatte ihn holen wollen, meist kam sie weniger sanft in die Werkstatt, diesmal, von einem Gefühl geleitet, war sie herein geschlichen, konnte den Stoff aus der Umklammerung ziehen, bevor sie Hommert weckte und zu Bett scheuchte.
Beim Frühstück konnten sie darüber lachen. Wenn der Dr. wüsste, dass er den wahren Preis für diesen Maßanzug nicht zahlen würde, er wäre großzügiger gewesen.
Dass Hommert und Ria in die Anfertigung der Kleider die Erfüllung mancher Wünsche einnähten, wussten sie selbst nicht en Detail. Wie Glück nicht käuflich ist, wenn man darüber weiß. Auch wer es fertigt, hat kaum Ahnung, dass er es beim Tun in die Stücke mit einwebt, in den Stunden, die er damit verbringt, zu drehen und zu wenden, was in sich die Überlieferungen von Generationen trägt.
review von: ferdinand schmalz
Die Klasse widmet sich Mikrodramen, das ist klar ein Prosatext. Versuch doch den Text in eine theatralen Kurztext zu übertragen.