beitrag von: alterlaa
Familie II
Papa komm jetzt endlich!
Ist es kalt draußen?
Nein, es hat 15 Grad plus. Komm Papa, wir gehen einkaufen.
Ja. Ist es kalt draußen?
Nein, es ist warm. Hast du deine Einkaufsliste? Milch, Brot …
Ja. Ist es kalt draußen?
Ja, eiskalt. Möchtest du die blaue Tasche mitnehmen?
Die blaue Tasche ... Sag deiner Mutter, sie soll eine neue Tasche kaufen, die hier ist schon ausgefranst.
Okay. Können wir jetzt gehen?
Sag deiner Mutter, ich warte noch auf den Download
Welchen Download?
Hab ich vergessen. Sag deiner Mutter ...
Mama lebt nicht mehr. Erinnerst du dich? Das Begräbnis?
Ach ja! Das Begräbnis! Es war so ein kalter Tag …
Du erinnerst dich, nicht wahr? Es war vor sechs Jahren.
Ist es kalt draußen?
Nicht kalt. Komm, wir gehen.
Die Tasche ist ausgefranst. Frag deine Mutter, wann sie eine neue kauft, mit mir spricht sie ja nicht!
Ich sage es ihr demnächst. Komm jetzt. Wir brauchen Milch, Brot, Spülmittel und eine Packung Windeln.
Ich brauche keine Windeln!
Nur für die Nacht, und es ist okay. Komm jetzt.
Ist es…
Kalt draußen! Saukalt! Minus 50 Grad. Das ist uns aber wurscht. Jetzt komm!
review von: ferdinand schmalz
Bei diesem Text ist das Thema klarer gesetzt, die Demenz. Was mich daran ja immer interessiert, ist die Art und weiße wie sich Demenz langsam einschleicht. Wie man anfangs nur kleine Ungereimtheiten wahrnimmt. Dinge die einem halt passieren können, dass man mal was vergisst, verwechselt und so weiter. aber wann kommt der Punkt wo es klar wird. da stimmt etwas nicht. Das ist hier im Text ganz schön über die Frage der Außentemperatur gelöst. Das könnte noch ein bissl ein seltsamer Dialog sein, aber vielleicht noch nicht bedenklich. Der Punkt wo es pathologisch wird ist natürlich, wenn er sich nicht mehr an den Tod der Frau erinnern kann. Die Spanne dazwischen könnte noch ein bisschen mehr Spiel mit der Unklarheit vertragen. Auf welche Weise könnte sich die Demenz noch bemerkbar machen ohne dass es uns als LeserInnen schon ganz klar wird woher der Wind weht.
