beitrag von: kathi
oT 2
Ein Tisch, auf dem eine Schere liegt. Ein Mann auf einem Podest, wirsch: 'Wie wäre Chagrin?'
'Könnte man machen.' der vor ihm knieende zweite Mann sieht auf.
'Ich möchte das Etui daraus. Haben Sie Muster?'
'Ich werde mich bis zur nächsten Anprobe darum bemühen. Soll es in der Farbe zu Ihrem Anzug passen?'
'Ich möchte es grau, Hommert.'
'Wie Sie wünschen, Herr Dr., bis nächste Woche habe ich das hier.'
Eine Frau betritt die Bühne, winkt Hommert zu sich. Er versucht das zu ignorieren, sie winkt heftiger, er geht zu ihr.
Eine Sirene, in der Ferne, kommt näher; übertönt, was die Frau zu ihm sagt. Er geht zurück. 'Zwickt es irgendwo?'
'Nein, nein, sind wir jetzt fertig?'
'Ja, Herr Dr. Sind wir.'
Der Mann zieht den Anzug aus. 'Auf Wiederschaun.'
'Grüß Gott Herr Dr., bis nächste Woche.' Der Mann verschwindet nach hinten rechts, die Frau kommt zum Tisch, nimmt die Schere.
'Bist du Dir sicher?'
Hommert setzt sich auf das Podest, Hände verschränkt, Blick nach vorne, Kopf erhoben 'Ria, wir machen das jetzt.'
Er nimmt ihr die Schere aus der Hand und beginnt, den am Tisch liegenden Anzug der Länge nach in Streifen zu schneiden, bis ein langer, dünner Streifen entsteht den er in eine Hand nimmt, mit der anderen umarmt er die Frau, sie beginnen zu tanzen und sich dabei mit dem Band, das von irgendwoher immer länger wird einzuspinnen. Musik weht heran: 'No Prizes' von Kae Tempest
review von: ferdinand schmalz
Die Aktion am Ende des Textes ist auf schöne Weise rätselhaft. Dieses Kleiderzerschneiden und sich darin einspinnen finde ich ein starkes Bild, auch wenn man nicht ganz entziffern kann was es eigentlich bedeutet, aber es funktioniert auf einer anderen ästhetischen Ebene. Aber die ersten 3/4 des Textes verbinden sich damit nicht wirklich. Wozu nimmt dieser Kundenkontakt so viel Raum ein, wenn er am Ende eigentlich keine Rolle mehr spielt. Oder hängt Dialog mit dem Geschehen danach zusammen, dann müsstest du uns ein paar mehr Hinweise geben, was die Verbindung dazwischen ist. Vielleicht auch hier die Frage, was will man genau erzählen mit diesem Blick in die Edelschneiderei erzählen? Ist es nur eine Art von Nostalgie für dieses alte Handwerk? Oder geht es um größere Gesellschaftliche Zusammenhänge? Wie wird in einem solchen Milieu kommuniziert? Wie werden gesellschaftliche Konventionen Sichtbar? Wie haben sich hier Relikte feudaler, monarchischer Machtstrukturen bis heute erhalten?