beitrag von: claudy
manchmal
manchmal erwache ich
und finde mich
erschreckend still
meistens töte ich mich sofort
im ersten Schock
spätestens aber
beim Blick in den Spiegel
und immer
sterbe ich
stumm
dann bin ich tot
und laufe und arbeite und rede
und lache und schreibe und esse
bin tot
und funktioniere perfekt
manchmal nur
fühle ich mich
seltsam schuldig
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manchmal erwachen wir
und finden uns
erschreckend still
meistens töten wir einander sofort
im ersten Schock
spätestens aber
beim Blick in unsere Augen
und immer
sterben wir
stumm
dann sind wir tot
und tanzen und lächeln und lesen
und streiten und malen und trinken
sind tot
und funktionieren perfekt
manchmal nur
fühlen wir uns
um etwas betrogen
review von: rebekka kricheldorf
der tod als metapher für ein tiefes entfremdungsgefühl ist ein literarisch beliebter topos, hier noch gesteigert durch das motiv der selbsttötung. besonders an dem text finde ich, dass, wie im zweiten teil beschrieben, auch gemeinschaft (liebe?) nicht vor der (selbst-)entfremdung rettet. durch das vorgespielte soziale "funktionieren" wird es auch irgendwie als psychologisches untoten-drama lesbar. ein lustiger tod ist das allerdings nicht. eher eine tragödie.