beitrag von: pinkblink
High Leid
Eines Tages wirst du ergrauen und dich alt fühlen. Dann sitzt du da in deinem Schaukelstuhl und blickst nochmal auf dein Leben zurück, bevor es zappenduster wird. Willst du dann wirklich sagen müssen: "Fuck. Wieso hab ich nicht das Leben gelebt, das ich Leben wollte? Wieso bin ich mit meiner Anti-Liebesbeziehung in ein Kartenhaus gezogen und habe mein Wesenskern von einer Glückskeksagentur pachten lassen? Und wo zur Hölle sind meine Enkelkinder, die sich für meine Fußstapfen interessieren?"
Hier bin ich, Tod, letzter Höhepunkt deines Lebens. Du hast die Wahl: willst du durch den Mutter-Kanal per harter Zusammenarbeit zurück in die Schwarzblende? Oder präferierst du ein Todesquickie auf deinem Sessel mit Dreh-, Wipp- und Kippfunktion?
Zigaretterauchend sitze ich auf der Bergspitze meines Massengrabs und denke nach über die viel zu vielen nahtlosen Beziehungsübergänge. Was soll das. Zwischen Leben und mir sollen wieder rauschende Scheidungsprozesse statt finden. Schmerzhigh wanted.
review von: rebekka kricheldorf
ein text, der einen kalauer als titel hat, ist schon mal vielversprechend. lassen sie wahrscheinlich junger mensch sich gesagt sein: wer "ergraut", ist noch nicht gleich mit einem fuß im grab. und: warum müssen alte leute immer im "schaukelstuhl" sitzen? warum wird es immer gleich "zappenduster"? da wäre weniger klischee mehr. ein tod, der auf der "bergspitze seines massengrabs" sitzt, ist wiederum sehr hübsch. am ende wurde das angesprochene du - schwupps! - vom schaukelstuhl in den ergonomischen sessel gebeamt (inkongruent, aber auf jeden fall origineller.)