sie sind hier: startseite / übung

terror, assault, anthrax / übung

terror, assault, anthrax – gedichte an unsere überwacher

eine netzaktion der schule für dichtung, begleitend kommentiert von ilija trojanow


die enthüllungen von edward snowden  – so liest man – hätten die moral der 35.000 nsa-mitarbeiter deutlich geschwächt. auch fühlten sie sich von ihrer regierung “hängengelassen”, zumal präsident obama bisher nicht einmal die “knapp 37 kilometer lange fahrt vom weißen haus nach fort meade” auf sich genommen habe, um die geknickten nsa-ler persönlich wieder aufzurichten. ein weiteres mal muss poesie einspringen, wo politik versagt …

schenken wir den leidgeprüften sicherheitsdiensten gedichte! es geht so einfach. wir müssen uns gar nicht persönlich an die nsa, bsso, den hnd oder bnd wenden – ein paar “reizwörter” im netztext reichen, damit sie auf uns aufmerksam werden. und was spräche auch gegen so klangvolle wörter wie “al-quaida”, “sayyid qutb”, “anthrax” oder “assassin” in einem poem? was gegen schier onomatopoetische wie “guantánamo” oder emotional anrührende wie “heimatschutz”? nichts! darum lasst sie uns nutzen. und noch viele andere keywords, bei denen die alarmglocken unserer überwacher zu läuten anheben.

was für eine schöne vorstellung: verwirrte surveillants erstatten ihren vorgesetzten bericht über eine plötzliche häufung von gedichten im internet, in denen von “prism”, “tempora”, “narus” und wie die überwachungstechnologien und deren entwickler sonst noch heißen, die rede sei. den ursprung des unguten poesievirus hätte man in austria, in einer kleinen schule für dichtung lokalisiert. ja, diese vorstellung gefällt uns sehr.
drum machen sie mit! auf deutsch, englisch oder gar in einem kryptisch vercodierten esperanto. schenken sie unseren überwachern ein gedicht zur aufhellung ihres grauen security-alltags. ein, zwei reizwörter aus dem “gefahr in verzug”-talk ins lyrische gewendet, und schon sind die müden staatsschützer hellwach!

und – wir sind ja eine schule: ihre beiträge werden von ilija trojanow ebenso sprachkundig wie systemkritisch kommentiert, von einem autor also, der bereits am eigenen leib verspüren musste, was “surveillance” in “the naked new world” bedeutet.

fritz ostermayer