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schmutz und schund / weitere exercises

BREAKING NEWS!! /// BREAKING NEWS!! /// BREAKING NEWS!! /// BREAKING NEWS!! /// BREAKING NEWS!! /// BREAKING NEWS!! ///

 

Der Klassenleiter Christopher Just hat letzte Nacht das Land verlassen.
Gerüchten zufolge nahm der Kultromanautor ein Zeugenschutzprogramm in Anspruch und lebt nun nach einer Gesichtsoperation unter unbekannten Namen an einem unbekannten Ort.

Ausschlaggebend für Justs Untertauchen dürften Enthüllungen über die mafiösen Machenschaften in der korrupten Literaturszene sein, die Just in seinem brisanten Aufdeckerroman „Catania Airport Club“ offenlegte. 

Die Klasse Schmutz und Schund ist hiermit geschlossen.  

 
BITTE GEHEN SIE WEITER, ES GIBT HIER NICHTS MEHR ZU SEHEN.

Nachtrag: Auf Justs Schreibtisch wurde folgende hastig hingekritzelte Notiz gefunden:

Wichtig!! Nachricht an die Schmutz & Schund ElevInnen:

Sollten Sie immer noch der Auffasung sein, sich weiterhin der Schrifstellerei widmen zu müssen, behalten Sie dies unbedingt im Hinterkopf:

What will remain is stardust without memories.

ÜBUNG! Exercise 3: Metapher me, Baby! -  Sprachbilder & Vergleiche

 

Wertgeschätzte ElevInnen,

wie Ihr sicherlich wisst, eignen sich sprachliche Bilder formidabel, um beim Leser Gefühle, Vorstellungen und Stimmungen zu erzeugen. Zudem ist deren Austüftelei eine gute Übung zur Schulung der Beobachtungsgabe sowie des wortwitzigen Um-die-Ecke-Denkens, und: Es macht ziemlichen Spaß!

In der unumstößlichen Gewissheit mit den sogleich angeführten Beispielen Eure bereits wie ein Rudel renditensüchtiger Roulettespieler an den Reißleinen rupfende Kreativität zu entfesseln, erwarte ich gespannt wie eine libanesische Lümmeltüte Eure Wortkunstwerke (1 - ∞) bis Ende der Woche.

Gestattet ist alles, bloß keine billigen oder ausgedienten Klischees, denn von so was wie „Sie war schön wie ein Sommertag“ oder „Gespannt wie ein Regenschirm“ zeigt sich der Leser in etwa ähnlich beeindruckt, wie Stevie Wonder von einem Stapel Penthouse Magazine.

Have Fun!

 

 

"Es war dunkler als eine Wagenladung Arschlöcher."

(George V. Higgins)

 

„Ich zündete mir eine Zigarette an, die wie das Taschentuch eines Klempners schmeckte.“

(Raymond Chandler)

 

 „Seine Schritte auf der Treppe wurden immer leiser, schachtelten sich ineinander, kleiner und kleiner werdend, und das Zuschlagen der Türe war wie der massive kleine Stöpsel, das bemalte Holzpflöckchen zuinnerst einer russischen Puppe in der Puppe in der Puppe.“

(John Updike)

 

„Asche wehte über die Straße, und von den geschwärzten Strommasten hingen wie schlaffe Hände abgerissene Kabel und wimmerten dünn im Wind.“

(Cormac McCarthy)

 

„( … ) und dann würde sich das Leben für ihn so ähnlich gestalten wie hier in dieser perfekt verarbeiteten Fahrgastzelle seines Audi Allroad A6: friedlich, freudlos und endgültig neutral.“

(Michel Houellebecq)

ÜBUNG! Exercise 2: Der erste Satz / Absatz

Wie wir aus eigener Erfahrung wissen, ist der Beginn eines Buches nicht ganz unwesentlich.

Stellen wir uns also vor, der große unbekannte Leser hält ein Buch eines ihm bislang unbekannten Autors in Händen, der? - erraten: wir sind!

Nachdem Titel und Klappentext einigermaßen gemundet haben, schlägt der große unbekannte Leser nun die erste Seite auf, um sich zu vergewissern, ob es sich für ihn lohnt, zukünftig einen Teil seiner überaus kostbaren Zeit mit diesem ihm unbekannten Autor zu verbringen.
Er liest den ersten Satz, prüft ihn auf Gehalt und Stil, liest bis zum Ende des Absatzes weiter, schaut vielleicht - den Text derbei diagonal überfliegend -  noch mal kurz ans Seitenende - dann trifft er seine Entscheidung.

"Da scheiß ich drauf, ich schreib doch nicht, um so irgendeinem unbekannten Arsch zu gefallen!“, hör ich die Eine oder den Anderen erbost rufen, und natürlich damit habt Ihr vollkommen recht damit. Doch um Gefälligkeit geht es hier auch nicht, sondern um Erregung. Nämlich jene, die der Autor beim Leser wecken soll, auf dass es diesem unentbehrlich erscheint, zu erfahren wie´s weitergeht.

Exercise 2: Ich wünsche mir von Euch jenen ersten Satz oder Absatz, der am Beginn Eures Buches steht. 
Bis 15.10., also heute in einer Woche. Nur einen, nicht mehr. Denn Ihr sollt daran feilen!

Hier ein paar Beispiele, die ich relativ spontan herausgesucht habe, was nicht heißt, dass sie das Non+Ultra sind, die ich jedoch als gelungen betrachte:


Es begann merkwürdig.
(Philip Roth, Die Brust)

eines tages beschloß brigitte, dass sie nur mehr frau sein wollte, ganz frau für einen typ, der heinz heißt.
(Elfriede Jelinek, Die Liebhaberinnen)

Ich wurde zweimal geboren, erst als kleines Mädchen, an einem bemerkenswert smogfreien Januartag 1960 in Detroit und dann, als halbwüchsiger Junge, in einer Notfallambulanz in der Nähe von Petoskey, Michigan, im August 1974.
(Jeffrey Eugenides, Middlesex)

Auf den freeways in Los Angeles werden die Leute auch immer rücksichsloser. Das ist der erste Satz, den ich zu hören kriege, als ich in die Stadt zurückkomme.
(Bret Easton Ellis, Unter Null)

Jetzt ist schon wieder was passiert.
(Wolf Haas, Der Knochenmann, Komm, süßer Tod, Das ewige Leben, …)

Have Fun!