beitrag von: Radostrosina
Sale marino grosso
In der Nacht dröhnt und scheppert es plötzlich ohrenbetäubend. Das Geräusch stößt uns aus dem Tiefschlaf in ein dumpfes Wachsein. Ivo springt aus dem Bett und murmelt italienische Wortfetzen, während ich schlaftrunken versuche, meinen Traum abzuschütteln. Ein paar Augenblicke später stehe ich barfuß hinter ihm und starre auf den Parkettboden unserer Küche. Überall verstreut liegen weiße Körner oder Kügelchen.
Ist das Staub, Verputz, sind das Schuppen oder kleine Käfer?
Trockene Lorbeerblätter knistern unter meinen Füßen. Auf den Holzplatten der Küchenkredenz häuft sich Pfefferpulver durchzogen von grobkörnigem braunen Zucker und dunkelroten Sumachflocken. Dazwischen liegen Rosmarin Nadeln, die kaum mehr ihren intensiven Geruch abgeben.
Beim Aufsaugen des groben Salzes klingen die Körner im Staubsaugerohr wie der Regenmacher, den ich zu meinem 12. Geburtstag bekommen habe. Das rieselnde Geräusch entspannte mich nach den bohrenden Kopfwehattacken, wie ich sie damals häufig hatte.
review von: anna weidenholzer
sehr schön, dieser kurze einblick in eine nacht und das glück des sale marino grosso. an manchen stellen könntest du noch ein bisschen zurückdrehen, zb. bei "während ich schlaftrunken versuche, meinen Traum abzuschütteln", da kann schlaftrunken weg, weil dann ohnehin gleich der traum abgeschüttelt wird, genauso "bohrend" im letzten satz.