advenire - vom Kommen und Gehen, Folge: 3
beitrag von: swansong
„Fini, Fini!“, hört sie ihn rufen. Wenn es ein Rufen wäre. Ein Singsang ist es, sein ständiger Hansi Lang-Singsang, als wäre sie vor allem das für ihn: Karaokeaufputz. Er findet’s noch immer witzig, sie hat es vor fünf Jahren schon gelangweilt. Sie geht auf die Sitznische zu, in der sie den Mann ausmacht, dem sie gleich entkommen wird. Heute keine weichen Knie, heute kein Zittern in ihrer Stimme, als sie den erlösenden Satz ausspricht: „Wir sind fertig miteinander.“ Gerade in dem Moment, in dem Paul das Frühstücksei bringt. Weil mit der Bestellung auf Josephine zu warten, das würde dem Arsch nicht einfallen, denkt sich Paul und kann ein Lächeln nicht zurückhalten. Als Ober ist er treuer Zaungast von vielen Beziehungskatastrophen, selten sind seine Sympathien so eindeutig verteilt wie hier. Paul sieht, wie Josephine wortlos abgeht und stellt einem entgleisten Gesicht die nüchterne Frage: „Noch eine Melange?“ Ich muss jetzt sofort einen Flickflack machen, weiß er im nächsten Moment, vielleicht weil noch etwas von dem Mut des Mädchens in der Luft liegt. Mit einer kurzen Erklärung übergibt er seinen Bestellblock an den Kollegen und tritt vor die Türe. Er konzentriert sich kurz, schon lange hat er diese Übung nicht gemacht. Kurzer Anlauf und vor ein paar staunenden Augen gelingt der Überschlag. „Wo bist Du gerade, ich komm zu Dir“, sagt er ins Handy, Treffpunkt Westbahnhof erfährt er als Ziel. Wenig später spürt er den Luftschwall, den die U-Bahn bei der Einfahrt in die Station vor sich herschiebt. Alte Garnitur, mit einem kräftigen Hieb auf den Eisenbügel öffnet er den Waggon…
review von: teresa präauer
lieber swansong, willkommen hier und danke für diesen beitrag, der mir besonders gut gefallen hat, auch die idee einer möglichen turnübung und der hansi-lang-song-ton. so, was würde ich ändern? nicht viel, aber das: die namen öfter nennen (statt bloß er und sie), weil es eine reigen-geschichte ist, bei der so viele figuren am ende auf- und abgetreten sein werden. das erleichtert das lesen (und man kann sich die turnübugen und verrenkungen und ablenkungen so besser erlauben), finde ich. und den "arsch" würde ich einer figur in den mund legen, josephine, weil sonst mischt sich die erzähler(-innen)-stimme hier über gebühr ein. ts!