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advenire

als fortsetzung ausgewählt

advenire - vom Kommen und Gehen, Folge: 10

beitrag von: matthaeusbaer
Thomas will, um sich aus der Affäre zu ziehen, gerade so tun, als ob sein Telefon läute, da klingelt es tatsächlich. „Ah, sorry, meine Schwiegermutter!“, erklärt er und wedelt mit dem Smartphone. Amelie kommt einen Schritt näher. „Ach, Sie haben ihre Schwiegermutter unter ‚Dr. Swaboslav, Urologe‘ eingespeichert?“ Sie zeigt aufs Display. Peinlich berührt windet sich Thomas unter ihrem Blick und verschwindet in einer Seitengasse. Amelie seufzt, setzt ihre Pfeife in Brand und nimmt einen tiefen, entspannenden Zug. Scharfer Tabakgeruch umhüllt sie und brennt den Umstehenden in den Augen. Amelie macht sich keinen Sorgen. Sie hat schon so viele Schreibworkshops als Klassenbeste abgeschlossen, es findet sich mit Sicherheit ein Verlag für ihren Roman. Das Manuskript ist bombe, das weiß sie, das ist eine Tatsache. Ihr geht es hauptsächlich um die Höhe des Vorschuss, die acht Monate in Lima finanzieren sich ja nicht von selbst. Da hätte der jämmerliche Pistolen-Verlag ohnehin nicht mithalten können. Amelie wirft den Fuchs über die Schulter, lässt ein paar Rauchringe steigen und schlendert los. Der Mond steht hoch über dem Platz der Menschenrechte, die letzten Glühweinstandbesucher torkeln beseelt nach Hause. Vor der übermenschlichen Maria Theresia zwischen den Museen bleibt Amelie stehen und pfeift durch ihre Zahnlücke. Raben flattern davon und ein Mann schält sich aus der dunklen Figurengruppe der bronzenen Kaiserin. „Du kommst zu spät“, sagt er und streicht sich das hüftlange Haar aus dem Gesicht. Sie lacht nur. „Uhren sind die Geißeln unserer Zeit, Marvolo, das sagst doch du sonst immer ... und, hast du alles dabei?“ 

review von: teresa präauer

très bien! setzt sie wirklich die pfeife "in brand"?! egal, herrn baer nimmt man die geschichte ab! herrlich.