als fortsetzung ausgewählt
advenire - vom Kommen und Gehen, Folge: 12
„Meinst, ich muss gleich sterben?“ haucht Marvolo, nachdem sie in Abu Flachmanns Auto eingestiegen sind. Der kennt das schon mit dem Unterzucker seines Liebhabers, reicht dem zitternden Marvolo eine Cola und streicht durch seine Haare. „Nein, das weißt du doch. Es geht wieder vorbei. Wie sonst auch.“ Abu lässt den Motor an und die beiden hauen ab. Nach Italien. Endlich. Für immer. Und Yuzuki Shirane ist froh, dass ihr Freund Marvolo endlich mal seinen Anteil der Miete gezahlt hat. Unter den Umständen kann man das Gold Dragon jetzt tatsächlich schließen, ist eh nix los. Von wegen „kurz mitkommen“. Das sagt dieser Abu jedes Mal und tut dabei so elend, denkt Yuzuki abschätzig. Ausreden. Was auch immer die zwei da treiben, es dauert in der Regel bis zum Morgengrauen. Sie hat also Zeit. In der Wohnung, die in der Pacht des verlustreichen Restaurants enthalten ist, zieht sich Yuzuki nach einem Telefonat um und verschwindet dann aus der Hintertür des Gebäudes in Richtung Donau. Dort hat ihr heimlicher Geliebter Hias ein Bootshaus. Mit Sauna und Kamin, für Winternächte wie diese. Yuzuki, voller Vorfreude, ist stürmisch unterwegs und der Boden glatt vom Eisregen. Vor einer Stunde hat er eingesetzt. Sie schlingert über das Eis, gleitet über die Kante und rutscht die Wände der kanalisierten Donau hinab. Das Wasser ist extrem kalt, Yuzuki erstarrt darin. Vollkommen geräuschlos sinkt sie auf das Flussbett und ertrinkt. Schörghuber, der gerade patrouilliert und die letzten Sekunden des Vorfalls beobachtet hat, traut seinen Augen nicht. Würde er zufällig einen Blick auf die Wände des Kanals werfen, könnte er die symmetrischen Spuren sehen, die Yuzuki Shiranes Fingernägel auf der moosbewachsenen Betonoberfläche hinterlassen haben. Dann wüsste er, dass er nicht spinnt. Aber das tut er nicht. Er denkt stattdessen, er spinnt. Nicht zum ersten Mal. Allerdings zum ersten Mal will er jetzt die Konsequenzen ziehen. Er beschließt, sich Hilfe zu holen ...