advenire

advenire - vom Kommen und Gehen, Folge: 2

Michael läuft ihr hinterher, doch dicht gedrängte Menschenkörper verstellen ihm den Weg. Verzweifelt versucht er Aishas Hinterkopf im Auge zu behalten. Innerhalb von Sekunden verliert sich der auf und ab hüpfende, grellbunte Pferdeschwanz in der Menge. Um Michael herum nur lachende, selige Gesichter. Ein großes Banner über dem Verkaufstresen erinnert, welcher Tag heute ist: Special-Post-Lockdown-Super-Black-Xmas-Friday-Sale. „Damn“, denkt Michael, „warum hab’ ich m1e naice Creditcard not dabei?“ Mit der Linken fährt er sich über den Bart und wischt die Barbecue-Saucen-Reste gekonnt an den Hintertaschen seiner bequemen Jeans ab. Ein gigantisch großer Mann kommt auf ihn zu. Seine Schulter- und Oberarmmuskulatur zeichnet sich deutlich durch das enge Rollkragensweatshirt ab. Die grobgliedrige Goldkette und seine gepflegten Hände lassen ebenso auf weltmännische Eleganz schließen, wie auf neureichen Hooliganismus. Aufgeregt deutet er mit einem professionell manikürten Zeigefinger auf Michaels Gesicht und auf den angebissenen Burger, von dem lange Saucenfäden langsam auf den gewachsten Shop-Boden tropfen. Er sagt etwas. Michael nickt, auch wenn er nichts versteht. „Sorry, Earphones!“ formt er stumm mit den sauceverschmierten Lippen und zeigt auf seine Kopfhörer. Dabei flutscht die zweite Extrascheibe Käse aus dem Snack und klatscht auf seine Originals. An den Schläfen des rasierten Hünenschädels vor ihm pulsieren einzelne Äderchen. Da legt sich Aishas Hand auf seine Schulter.