advenire - vom Kommen und Gehen, Folge: 17
beitrag von: matthaeusbaer
"Atréju, bei Fuss!" Sehnsüchtig starrt der Hund dem Zylinder hinterher, dackelt aber brav zu seinem Frauchen. Mona fixiert die Leine an seinem Brustgurt und nimmt einen tiefen Zug nächtlicher Praterluft. Herrlich! Sie liebt den Prater, besonders um diese Jahreszeit. Der Geruch von matschigem Laub, der sich so wunderbar mit den Transtex-Ausdünstungen der Sportelnden mischt. Ein Traum! Daneben ein paar Übriggebliebene, ein, zwei, Alkis, und etliche, so wie sie, Einsame. Und natürlich die Freaks. Im fahlen Laternenlicht sieht sie einen Bleichen laufen, mit Cape und roter Schärpe. Mona grinst. Auf der Brücke zur Insel spuckt sie in die Donau. In langen Speichelfäden tropft ihre Einsamkeit ins Wasser. Aber was soll's. Selbstmitleid hat noch niemanden gerettet. Sie zieht ihren Rucksackgurt enger, nimmt den Hund kurz und stapft los. Transdanubien ist ihr erklärtes Ziel. Als sie den ersten Fuß auf Festland setzt, rennt jemand in sie hinein. Sie legt sich schon die Schundworte zurecht, mit denen sie den Übeltäter strafen will, da blickt sie einem bezaubernden Jüngling ins Antlitz. Prächtige Locken fallen über die kräftigen Schultern, in seinem durchdringender Blick geben sich Stärke und Verletzlichkeit die Hand. "Du...bist...wunderschön!", stammelt Mona. Er fasst sie zärtlich am Arm und sagt, einem Weihnachtsengel gleich: "Nein. Ich bin Barnabas."
review von: teresa präauer
wie immer, lieber herr baer, voll von einfällen und schönen sprachlichen bildern und kühnen metaphern, die speichelfäden der erinnerung, oder wie war das? schön! hm, schundworte oder schandworte? man kann auch mit dem neologismus schundworte etwas anfangen, aber die schandworte sind vielleicht doch ausreichend, oder? herzlichen dank für einen neuerlichen wunderbaren beitrag!