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zerschellende artisten

beitrag von: Rouven

Parusie

Eine Anhöhe nahe Jerusalem. 11. September 2021. Abends an einer Tankstelle. Die beiden einzigen Kunden kamen zu Fuß.


Jesus: Der Tod ist gleich einem Netz. Er fängt euch mit euren eigenen Gedanken ein.

Thomas: Wie können wir leben?

Jesus: Glaubt nicht, was ihr denkt.

Thomas: Was sollen wir dann glauben?

Jesus: Das, was wahr ist.


Am Horizont ein Feuerball. Der umgebende Wald wenige Augenblicke glutrot beleuchtet. Ein kurzer Eindruck von Hitze auf der Haut.


Thomas: Wie konnte es soweit kommen?

Jesus: Ihr habt es erdacht und geglaubt.

Thomas: Ist es wahr?

Jesus: Nein. Wahr ist, was sich nicht verändert.

Thomas: Was sollen wir jetzt tun?


Jesus geht in den Tankstellenshop und kehrt mit zwei Bierdosen zurück.


Jesus: Möchtest du ein Bier?

Thomas: Wie kannst du so gelassen bleiben?

Jesus: Ja oder nein?

Thomas: Ja.

Jesus: Ich liebe es zu teilen.

Thomas: Wusstest du, dass dies geschehen würde?

Jesus: Nein. 


Der Himmel färbt sich violett und schwerer Regen setzt ein.


Thomas: Ich bin froh, dass du bei mir bist.

Jesus: Hab´ keine Angst! 

Thomas: Werden wir sterben?

Jesus: Wirf dein Netz fort und du lebst ewig.

Thomas: Ich verstehe dich nicht und mir wird kalt.

Jesus: Folge mir hinein. Dort ist es wärmer.

review von: antonio fian

Ich staune, wie stark sich Ihre Texte sowohl inhaltlich wie auch formal voneinander unterscheiden. Dieser hier hinterlässt mich ein wenig ratlos. Ob Jesus' erste Sätze tiefsinnig sind oder eine Parodie auf Tiefsinn, kann ich nicht entscheiden. Dass der jüngste Tag auf den 20. Jahrestag von 9/11 fällt, naja. So billig würde es Gott, glaube ich, nicht geben. Aber das Gespräch insgesamt hat schon was, da würde ich nicht ungern teilnehmen, sofern mir Jesus auch ein Bier aus dem Tankstellenshop mitbrächte und die Welt dann doch nicht untergeht.
Ann Marie Wolejnik sagt
22.04.2021 14:38
Zumindest der Titel gefällt mir. Gute Idee.
Rouven Haas sagt
22.04.2021 15:01
Ich bin dankbar, dass es dieses Forum gibt. Schreiben, sich ausprobieren, aus dem Schneckenhaus kommen und qualifiziertes Feedback bekommen ist einfach wunderbar. Es ist eher Tiefsinn kaschieren... was man sagt, hat einen ja selbst irgendwie bewegt. Doch wie sagt man es weiter mit der Angst vor Beurteilung?
Claudia Brüggemann sagt
22.04.2021 21:56
Urteile sind individuell. Kunst ist individuell. Darum passen Kunst und Urteil nicht zusammen. Angst zu haben, ist OK. Aber vielleicht kannst du wachsen mit der Erkenntnis über die Facetten, in denen deine Worte interpretiert werden.
Claudia Brüggemann sagt
22.04.2021 17:14
Mir ist es ein bisschen viel. Ich finde, dem Stück würde eine melancholischere, ruhigere Stimmung gut stehen. Aber ich mag die Idee. Rouven hat überhaupt fetzige Ideen. Ein wenig werde ich an den Film 'Melancholia erinnert'.
Ann Marie Wolejnik sagt
22.04.2021 21:39
bleib du nur du selbst. hab keine angst vor beurteilung.