beitrag von: Joellinger
Vom Ministerium heim
„Berger, wo wollen Sie hin?“
„Ich geh heim, Herr Hofrat.“
„Was ist mit Ihnen los? Ihre Krawatte!“
„Fesch, nicht wahr? Kakadus. Das sind bunte, fröhliche Vögel. Nicht so graue Amtsschimmel, wie Sie, Herr Hofrat.“
„Was erlauben Sie sich? Und mir ist es auch so vorgekommen, als hätten Sie schon in der Früh eine Fahne ...“
„Das haben Sie gemerkt, Herr Hofrat? Heute hab ich mir den Kaffee mit Rum aufgebessert.“
„Berger! Nicht, dass das zur Routine wird.“
„Da können Sie ganz beruhigt sein, Herr Hofrat. Ich will nicht so enden wie der Herr Minister.“
„Lassen Sie den Minister aus dem Spiel, Berger! Was haben Sie den ganzen Tag gemacht? Ich hab Ihnen doch Akten zum Vernichten gegeben.“
„Die Akten hab ich mit dem Taxi in die Gerstlgasse gebracht. Dort hab ich einem Redakteur die Akten übergeben und der hat mir ein kleines Kuvert mit großen Scheinen überreicht. Und dann war ich groß Mittagessen.“
„Berger, Sie sind suspendiert. Sie haben mit einem Disziplinarverfahren zu rechen.“
„Herr Hofrat, wenn der Bericht am Montag erscheint, bleibt im Ministerium kein Stein auf dem anderen.“
„Ich suspendiere Sie stante pede!“
„Herr Hofrat. Es ist Freitag Abend. Wir zwei sind die letzten hier im Ministerium. Ich setz Ihnen das Schreiben für meine Suspendierung sicher nicht auf. Und Sie können nicht einmal den Computer einschalten.“
„Aber Berger! Was soll ich denn jetzt tun?“
„Machen Sie's doch wie ich, Herr Hofrat.“
„Und das wäre?“
„Das hab ich Ihnen vor zehn Minuten schon erzählt. Ich geh heim.“
review von: antonio fian
Ich fürchte, es ist angesichts der ständig aufpoppenden Skandale in diversen Ministerien schwierig, darüber Satiren zu schreiben. Schriebe man ein Dokumentarstück, würden es die meisten Menschen für eine stark übertriebene Satire halten, und dieses Stück Satire wirkt angesichts der Realität fast schon wie eine Verharmlosung.