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zerschellende artisten

beitrag von: trivialpoet

netzabbau

Unmittelbar vor ihm. Ein totes Meer. Schwärzer als die Nacht. Eisklumpen, Steine aus exotischen Mineralien, brennende Feuerhaufen, schwammen darin. Zwischen diesem Meer und ihm glühten die Zahlenkolonnen, reihten sich Perlenschnüre von Leuchtdioden. Sein Körper fixiert. In einem Korsett aus Kunststoff und Metall. Ein Ritter auf seinem Kreuzzug gegen das unmöglich Scheinende. Gegen die existenzielle Komfortzone. Gegen den Wunsch, immer in einer Welt aufzuwachen, in der die Dinge bekannt waren. Eine Geschichte hatten. Von der erzählt werden konnte. Er hatte geglaubt, sie ausgelöscht zu haben, diese Gedanken. Wozu denn das ganze mentale Training. Er hatte doch Abschied genommen.
Im Helm, der Monolog  des Countdowns. Oft war er mit seinem Bruder im Sommer am Meer gewesen. Sand in den Haaren. Einmal hatten sie auf dem Felsen gestanden, gegen den das Azur schwappte. Bereit zum Sprung. Und sein Bruder hatte heruntergezählt bis zu dem Moment, an dem aus dem Flirt mit dem Übermut Tat werden sollte.    
Er würde seinen Bruder nie mehr wiedersehen.
Ein Beben erfasste ihn, das unablässig anschwoll.
Vor ihm wartete das Meer.
In seinem Rücken hielt ihn die Erde fest.

Noch.

review von: antonio fian

Ich lese hier ein Prosastück, ein recht gelungenes Prosastück, aber keineswegs ein Minidrama, und um diese literarische Form soll es ja in dieser Übung gehen.