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beitrag von: ALRiegraf

Bibliotheksfenster

Ich schaue hinaus
Die ersten Schneeflocken
Eines neuen kalten Jahres
Zu mild, um sich niederzulassen 
Zu kühl, um fernzubleiben  

Ich schaue neben mich
Die endlosen Tischreihen
Dutzende gleiche erhitzte Gesichter
Zu gefesselt, um konzentriert zu bleiben
Zu strebsam, um hinauszugehen

Flüsternd: „Wie viel bedeutet dir ein Spaziergang im ersten Schnee des Jahres im Vergleich zu deiner Abschlussnote?“ 
Tadelnd: „Ruhe im Lesesaal!“ 

Und der Winter brach ein, doch es brach niemand aus. 
Es bliebe genug Zeit für Spaziergänge, wenn man einmal berufstätig wäre.


review von: peter rosei

mache dir ein paar konkrete vorschläge: zu mild, um zu fallen / zu kühl, ums nicht zu probieren
ich schaue mich um
gleiche - steichen!
zu fleißig, um hinauszugehen 
flüsternd, tadeln: steichen!

schau dir das einmal an.
Anna Leoni Riegraf sagt
20.01.2022 17:51
Doch ist der Fleiß nicht zu positiv im Vergleich zur fast pathologisch wirkenden Strebsamkeit, die die gleichbleibenden Gesichter auch im neuen Jahr zeichnet? So war es jedenfalls gedacht (und im Moment erlebt).

Ich ließ den Text nun so:

Ich schaue hinaus
Die ersten Schneeflocken
Eines neuen kalten Jahres
Zu mild, um sich niederzulassen
Zu kühl, um fernzubleiben

Ich schaue mich um
Die endlosen Tischreihen
Dutzende gleiche erhitzte Gesichter
Zu gefesselt, um konzentriert zu bleiben
Zu strebsam, um hinauszugehen

„Wie viel bedeutet dir ein Spaziergang im ersten Schnee des Jahres im Vergleich zu deiner Abschlussnote?“
„Ruhe im Lesesaal!“

Und der Winter brach ein, doch es brach niemand aus.
Es bliebe genug Zeit für Spaziergänge,
wenn man einmal berufstätig wäre.

Herzlichen Dank!
peter rosei sagt
20.01.2022 17:52
Es ist dein Gedicht - und also passt es.