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beitrag von: Rionella

Ist Schweigen Gold?

Wenn mich ein Mensch 
anschweigt,
fühle ich mich
wie der Raum 
zwischen den Zeilen,
fühle ich nicht Gold,
sondern Macht.

review von: nora gomringer

Ich fühle nicht Gold, ich fühle Macht. Bedenken Sie, dass Sie Ihre Zeilen darauf verknappen könnten und alles Erzählende in ihnen durch gesellschaftliche Konvention des Sprichwortes, das immer noch viiiiele Menschen kennen, aufgegriffen wäre. Sie könnten sogar noch das „ich fühle“ weglassen und es bliebe etwas im deutschen Sprachraum Verständliches, das trotzdem noch etwas verwegenes hätte. Nicht Gold, Macht. Oder „Nicht Gold: Macht.“
Und schon hätten Sie gleich einer Headline einen politischen Text. – Ihr Text ist impressionistisch durch den Vergleich „ich fühle mich wie…“ – dieser wird stärker, wenn Sie ein „ich bin“ verwenden, aber es lässt auch weniger Gefühlsunschärfe zu. Interessant ist der Wechsel vom Persönlichen zum Allgemeinen. Aus der eigenen Erfahrung des Angeschwiegen-Werdens resultieren Gefühle. Das eine persönlich, das andere hat generellen Charakter. Als würde das Ich ein Welten-Ich. Das hat Kraft. Und widersetzt sich dem Faktischen des Sprichwortes, das ja besagt: Schweigen ist Gold. Und hier wird durch Gefühl an der Aussage manipuliert. Kann man machen. Danke! Ihre NG
PS: Warum das Gedicht nicht mit "Macht" überschreiben? Eine Frage, die man in der letzten Zeile klärt wirkt oft ungewollt "neckisch". Ich finde den Ton dafür zu ernst.
MB sagt
10.03.2022 22:11
Danke für die konstruktive Kritik. Interessant, dass SIe die letzte Zeile als "neckisch" empfinden, ich meinte es "ironisch" .... Ja, die Verknappung macht es stärker, eindringlicher. DANKE! Wenn ich allerdings das "ich fühle" bei Gold/Macht weglasse, könnte es als "meine Macht" verstanden werden, so war es aber nicht gemeint.


Macht

Wenn mich ein Mensch
anschweigt,
bin ich
wie der Raum
zwischen den Zeilen.

(fühle ich)
Nicht Gold,
Macht!