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beitrag von: trivialpoet

Die in die Nacht Reisende

Es ist der Abend, diese zunehmende Selbstauslöschung des Tages.
Ganz allmählich in den Ländern des Nordens, fast augenblicklich in den Gestaden des Südens.
Dieser Überschreitung der Grenze zwischen der Wirklichkeit und dem möglich Scheinenden, 
das sich am Ende vielleicht nur als ein uneinlösbares Versprechen erweist. 
Unsicher nähert Sie sich diesem Versprechen, ohne es genau benennen zu können. 
Tastet sich heran an die Nacht, der Amnesie von Zeit und Raum, von Konvention und Anarchie. 
Doch ich muss dir sagen, sagt Er ihr, eine Liebe ist immer auch ein Tod, weil sie die Grenzen löscht, 
die man beim Erwachen am Morgen umso schmerzlicher zu spüren bekommt ...

review von: nora gomringer

Eine Etüde um die Gedanken der Auflösung und der Vergeblichkeit mit starken Bildern und ein paar Gedanken, die gut gedacht, aber präzisere Notation verdienen. Ich mag die „Selbstauslöschung des Tages“ nicht, denn der Tag überlegt es sich nicht. Er kann sich selbst nicht löschen. Wie denken Sie über das „Lösen“? Das Selbstlösen des Tages – als wäre er vertäut und mache sich los… oder Sie bleiben beim Löschen. Und überlegen, ob es Ihnen immer noch stark genug ist ohne das „aus“. Warum sind die südlichen Gestade den nördlichen Ländern gegenübergestellt? Das macht es so vage. Außerdem reden wir dann auch von Land- zu Wasser-Unterschied und ob es das so braucht? Der Vers „Tastet sich heran an die Nacht, der Amnesie von Zeit und Raum“ – das kaufe ich noch, aber die Nacht soll dann auch noch eine Amnesie von Konvention und Anarchie sein? Ist sie nicht – Ihrem Gedanken folgend, viel eher: - Möglichkeit, also Ermöglicherin? Oder meinen Sie, dass in der Nacht Konvention und Anarchie verschwinden? Verschwimmen? Dann sollte das sichtbarer sein. Als „umso schmerzlicher“ muss dieses Spüren beim Erwachen nicht qualifiziert werden. Es ist per se stark. Ich mag den Titel, auch wenn er mit dem Dunkel des Orient spielt… _ Offensichtlich führt einen der Heine an so eine Zwiestelle, eine Schwelle: Nacht, Tod, Liebe, Vergeblichkeit. Danke für’s mich-Mitnehmen! Ihre NG
Michael Köhler sagt
06.03.2022 23:12
Vielen Dank für den Review. ... tja, da sind in der Tat Bilder dabei, die so nicht in Ordnung sind. Wenn man mit Sprache arbeitet muss man schon präzise sein ... Aber immerhin kann dieser Text als Lehrstück in dieser Hinsicht dienen.