beitrag von: tliving
Mit geschlossenen Augen
20. April, Zentralfriedhof. Der einzige Eintrag in dem sonst noch leeren Jahresplaner. Sie ließ dieses Bild sorglos vorüberziehen, entspannt, auf der Couch, mit geschlossenen Augen. Nahm es später aber zum Anlass, nach den Gräbern zu sehen. Fuhr Anfang Dezember auf den winterkalten Friedhof, legte Gestecke ab, zündete Kerzen an, betete. Und berichtete den Eltern davon. Gemeinsam gedachte man der Großeltern. Feierte gemeinsam Weihnachten. Die Mutter, weich gepolstert, losgelöst, Ihr Kinderlein kommet. Sie selbst, Oh sie Fröhliche. Der Vater, er lauschte der Stillen Nacht, klatschte gerührt Beifall, elegant im Anzug, verschwand darin nahezu. Man schaute weiter, ins neue Jahr, hoffnungsvoll. Die Ärztin mit dem fürsorglichen Herz schlug eine stärkende Kur vor. Die Nieren vertrockneten, trotzdem. Der Körper zog sich zurück, unaufhaltsam, verwelkte. Es wurde der 20. Jänner. Zentralfriedhof. Mit geschlossenen Augen. - - – Sie hatte sich im Kalender verschaut.
review von: peter rosei
auch hier komme ich nicht ganz mit. was willst du uns erzählen? Eine bürgerliche, kleinbürgerliche welt, die dann ... weshalb so umwegig? bringt das was?
Natürlich möchte ich verstanden werden. Ich möchte ja etwas mitteilen.
Was kann ich besser machen?
Soll ich dem Text einen erklärenden Titel geben?
Vision vom Sterben. Oder: Wenn sich die Augen schließen / Wenn wir die Augen schließen (sogar doppeldeutig)
Weshalb so unwegig?
Weil es tatsächlich so war. Es beschreibt die letzten zwei Monate vor dem Tod meines damals 89-jährigen Vaters. Unerwartet, trotz guter Pflege, bester ärztlicher Versorgung. Und doch schleichend, innerlich, unbemerkt. Alle waren schockiert außer mir. Ich hatte ja die Vision vom 20. April.
Meine Message für die anderen:
Manchmal klammern wir uns zu sehr ans Leben. Und kommen nur über Umwege natürlich zu Tode.