beitrag von: malaidoskop
Kintsugi
Sorgfältig
und mit Liebe
hingebungsvoll
und voller Mitgefühl
zarte Finger
sanft ertastend
mit Goldlack
zusammengeflickt
Aus 107 Scherben
einer Teeschale
aus Porzellan gleich
unvollkommen
zerbrechlich wund
und doch stark
mein sanftes Herz
das Du zerschlugst
das in Zeitlupe zerbarst
Fragmente im Stillstand
schwebend in der Luft
stille Atemlosigkeit
keine Kraft für Tränen
review von: nora gomringer
Mit dem ersten Wort ist der Ton gesetzt. Sorgfalt spricht aus Ihren Zeilen, fast auch Zaghaftes, zum Ende: Verzagtes. Dabei sind Sie sehr bemüht, sich von Zeile zu Zeile zu verdeutlichen. 107 Scherben zählt nur, wer das Ganze vorher schon kannte und sich tatsächlich verwundet fühlt durch jemandes Verletzung. Die Teeschale – das Herz funktioniert als Parallelbild, wäre aber auch ohne denkbar. Ein zersprungenes Herz mit der Kintsugi-Technik bearbeitet, böte eine direktere Reaktion. Auch scheint es mir, als könnten Sie aufgrund der Stärke des Bildes in der Zeile „schwebend in der Luft“ auf die abfallenden Verse „stille Atemlosigkeit“/“keine Kraft für Tränen“ eigentlich verzichten. Auch das „und“ bei „doch stark“ wäre zu prüfen durch Sie. Das Sorgfältigsein und das Fühlen verleiten einen manchmal zum mehr, weil man ja genau mitteilen will, wie und was alles ist. Ihnen gelingen allerdings mit der von Ihnen aufgerufenen Position bereits so große Eindrücklichkeiten, dass Sie mit weniger mehr erzielen. Ergibt das für Sie Sinn? Ich danke Ihnen für’s so Zarte und Zähe! Ihre NEG