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beitrag von: k_koerting@posteo.de

Ode an den Bauch

He
Bauch, ich
komm nicht mehr
um dich herum. Muss
dich zur Kenntnis nehmen
Rund bist du geworden, weich
Flach hielt ich dich, gab Immer Acht
auf dich, doch nahm dich nie für voll. O
Bauch, du Angstbauch, der die Seele frisst. Ich
habe dich misshandelt all die Jahre. Wollte dich un
sichtbar machen, angepasst an flachen, toughen, hungrig
muskelharte, strenge Aufpass-Bäuche. Mein Erfolg solltest du
sein, jeder Bissen konnte dich gefährden. So viel Stress habe ich in
dich eingefressen, Eile, Kälte, schnelle Speisen, viel zu heiße Bis
sen, Traurigkeit, Verachtung, all das liegt verwandelt in die
Fettschicht den du dir in deiner Weisheit zugelegt, du Wun
derbarer, hast mein eitles Streben nach Vollkommenheit
verdaut, mein Sehnsuchtsbauch Mein Wackelbauch.
Jetzt kamst du, um zu bleiben, ich will dich 
in Ruhe lassen, du mein mehrmals-schwan
gerbauch. Mein Schaffbauch, bist ein 
Lachbauch auch! mein Wunder-Trotz
dem-Bauch. Was wär ich ohne 
dich? Nicht nichts 
aber nicht
ich.

review von: nora gomringer

Ein barockes Formgedicht über eine barocke Formen. Gut so. Ich mag die Selbstironie und die genaue Selbstbeschreibung der lyrischen Stimme des Gedichts sehr. Es erinnert mich an Ovid und an lebhafte Lateiner und Griechen, die Körperteile und -funktionen lobten und damit ein grundlegendes Verständnis des Körpers als Unterstützer und nicht Saboteur des Geistes mitlieferten. Dieser Bauch hat was erlebt und wird geliebt und es wird ihm ein sattes Gedicht gewidmet. Der hat’s gut. Danke für’s Lesen lassen! Ihre NG
Katharina Körting sagt
23.11.2023 09:11
Danke Ihnen, das freut mich. Im Nachhinein denke ich, ich könnte noch mehr straffen, und den Bauch (optisch) runder machen, also noch weiter rumbasteln :-)
Jan Hendrik Ruebel sagt
30.11.2023 13:03
Ein wunderbares Gedicht! Ich finde die Geschichte der Auseinandersetzung mit der Bewertung die subkutan mitklingt so berührend
Katharina Körting sagt
07.12.2023 12:21
vielen Dank, das freut das Schreiberinnen-Herz :-) (oder den Bauch??)
Anna Leoni Riegraf sagt
06.12.2023 10:35
Wirklich toll! Ich hatte viel Freude beim Lesen. Besonders schön am Ende der Bezug zu Fried und damit (für mich jedenfalls) eine ganz neue Lesart seines Gedichts, das man (jetzt seh ichs erst!) natürlich auch Teilen von sich selbst widmen und gar nicht auf einen anderen beziehen kann/muss. Wie schön, wenn man sich selbst so mag, dass alles 'nicht nichts, aber nicht mehr viel' ohne diesen Teil vom Ich ist.
Katharina Körting sagt
07.12.2023 12:22
schön wär's ;-)