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beitrag von: Mario1968

Tischgebet

Wie es begann, … ich weiß es nicht. 
Auf einmal warst du da. Groß und mächtig, unübersehbar. Mitten in meinem Stammlokal! - Was zählt schon ein Gast, dachte ich mir, in Anwesenheit eines solchen Kellners? Deine Haltung! Dein herablassender Blick! Es bestand kein Zweifel, dein Wort war hier Gesetz! Und du warst gekommen, um zu bleiben! 
Wer braucht schon ein sauberes Tischtuch? Ein freundliches Wort? Eine rasche Bedienung? Du bestimmst! 
In deiner Nähe lass uns weilen! Auf dein gnädiges Erscheinen lass uns warten! 
Lass uns darben, im Schatten deiner Arroganz und schlechten Laune! 
Und kümmere dich nicht um uns! Wir wissen, du hast Besseres zu tun! - Amen. 

review von: nora gomringer

Hahaha, das ist spitz und beleidigt zugleich gelungen. Es ist übel, wird man so ignoriert oder fast schlimmer abschätzig behandelt. Der Topos des mächtigen Kellners ist in Deutschland ausgestorben, in Österreich hier und da tatsächlich noch lebhaft. Gut, was Sie einwenden und vorwerfen, welche Schlüsse Sie ziehen. Dieser Golem-artige Kellner im Gegensatz zum Adam-artigen Gast ist ein interessanter Gegensatz, den Sie öffnen. Vielleicht spielen Sie eine unpersönliche Variante einmal durch: Er statt Du. Und vielleicht verzichten Sie auch auf die Ich Perspektive – nur zum Versuch. Es wird einem fröstelnd kalt dabei… Willkür und Härte zeichnen diesen Kellner aus. Das Gute: Der Gast ist insofern König, dass er frei ist, das Weite zu suchen. Danke! Ihre NG