beitrag von: mbe
Geleit
Rettetest mich, du, rettetest mich. Durfte mit meinen Händen deine Dunkelkrume durchwühlen, durchgraben, als kein Fühlen mehr da war, in mir, dir durfte ich zu Leibe rücken, du stelltest dich mir mit deinem Dorngerankel, deinem Gierschgewurzel, du teiltest deine Wildheit mit mir, deine sonnenwarme Himbeermirabellenkirschenflut, dein Apfel-auf-Wiesen-Gedonner, dein Nachtkerzengeleucht. Mit dem Rücken an deiner verwitterten Splitterholzhütte vergaß mein Herz zu zittern.
Und du bliebst wild und du bliebst du und ich konnte gehen und ich konnte kommen und ich konnte gehen und du warst da und blühtest und welktest und wuchst und wuchertest und wuchertest und welktest und blühtest und dann, irgendwann, irgendwann ich auch. Rettetest mich, du.
review von: nora gomringer
Existenziell – das Erfahren des anderen. Und zwei sehr unterschiedliche Paragraphen nach meinem Leseeindruck. Vielleicht stärker absetzbar, was aber natürlich eine Bändigung der Wildheit voraussetzen würde mit römischen Zahlen oder anderen harten facts, die dieser ganzen wühlenden Pulsierung widerspräche. Trotzdem ist das Ende des Textes eine Art Siglum und der Anfang eine Hymne. Zu Beginn las ich es mit einem kurzen Zucken, weil es mir eine Klischeelandschaft des mysteriösen Frauenkörpers schien und zunehmend lichtet sich das dunkle Faszinosum in eine zarte, luzide Freude, die sich überträgt. Und dann… irgendwann… ich auch. Das ist stark. Da würde ich den Text beschließen. Denn was mehr sagt „Rettung“ als ein Blühen? Ihre NG