beitrag von: Boris_Greff
Lautung und Läuterung
Jahrtausende verwitterst du unverwüstlich
auf Sarkophagdeckeln und in Grabstelen
ballst, schnörkelst und krümmst du dich,
auf Stein, Papyrus, Tierhaut und Pergament,
zu Bildern, Runen, Keilen, Chiffren;
elektrifiziert leuchtest du als Neonreklame,
illuminierst Monitore und Bildschirme,
wirst geflüstert, artikuliert und geschrien.
Bist Göttergabe, Leihgabe, Aufgabe,
forderst bis zur Selbstaufgabe,
Nadeln spritzen dich in die Haut;
transformiert zu immer neuen Varianten –
moduliert durch verzweigte Gedankenströme,
diktiert in Aufnahmegeräte und Mikrofone,
bisweilen übersetzt und dabei verraten;
in dir wohnen jene, denen du innewohnst.
In fremdem Zungenschlag oder in Mutterzungen,
skandiert, gestammelt, rezitiert und deklamiert,
mehrfach ausgestorben,
vielfach ungeboren,
bist du Alphatier, bist ABC,
Grundtonleiter allen Seins;
dir salutiere ich ohne Reim und Sonett:
sollst buchstäblich hochleben, von A bis Z
review von: nora gomringer
Schriftzeichen, Buchstabe, Zeichen, Sema. Reich und reichlich. Ein Lehr- und Lerngedicht. „in dir wohnen jene, die dir innewohnen“ – das ist Schlüssel und gut. Verwitterst du unverwüstlich ist ne Pirouette, die nicht richtig lande, denn entweder verwittert sie oder sie ist unverwüstlich, die Hieroglypheninschrift… natürlich stimmt es, trotzdem könnten sie auch glänzen statt verwittern, oder? Alles gut – sehr gelingen, Danke! NG