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der wilhelmsschrei aus deinem mund – wenn autofiktion & horror zusammentreffen!

beitrag von: chzureich

kitschn

und darum 
dieser widerstand
die hand ins abgestandne spülwasser
weil es zurückglotzt
mit seinem kalten fett
und wenn die schreiende 
hand doch hinein und ablauf-
stöpsel dieser schlund, der sich auftut 
und weil es kein ketchup ist
was dann fliesst

review von: peter waldeck

Juhu und herzliche Gratulation zum ersten Beitrag unseres Online-Kurses.

Jetzt bin ich leider überhaupt kein Fachmann für Gedichte, Haikus und Poeme. Ich würde sogar sagen, ganz im Gegenteil. Da wäre ein Kurs wie der meiner Kollegin Teresa Präauer wahrscheinlich besser geeignet. Sie hat ein großes Gespür dafür, wie man hier durch subtile Wortvertauschungen noch viel herausholen kann.

Das "Grauen: Haushalt" finde ich jedenfalls ein wahnsinnig gelungenes Thema für das Horrorgenre. Die unbarmherzige Wiederkehr des Immergleichen, der Trott, die Trauer - nie räumt man schöne Küchen auf, immer nur versiffte, usw. Oft gibt es Konflikte mit Wohnungsgenoss*innen und Geliebten. Spricht man sie heute wieder an und riskiert Streit oder schluckt man den Ärger hinunter, wo er sich gegen den eigenen Körper wendet? Da steckt so viel drin! Mich wundert es sehr, dass es (nach meiner bescheidenen Kenntnis) noch nicht zu einem filmischen Haushaltshorror-Meisterwerk gekommen ist.

Falls du den Nebel (den du wahrscheinlich ohnehin bewusst gesetzt hast) lüften möchtest: Wird die Hand von einem Müllzerkleinerer zerschnitten oder von scharfen Gegenständen, die unter dem Abwaschwasser lauern?

Wenn es dich interessiert, dieses Gedicht in eine Kürzestgeschichte umzuschreiben, habe ich ein paar Fragen/Anregungen:

- Wie geht es der Person, die den Abwasch macht? Ist sie betäubt von der Routine, genervt, kurz vor dem Explodieren? Was denkt sie? Gibt es etwas Peinliches, das du nicht gerne erzählen möchtest, das hier seinen Platz finden könnte? Überrasche dich!
- Gönne der Unruhe ein, zwei Sätze, bevor es zum Spülbecken geht. Ich denke, wir können diese Atempause brauchen, damit der kommende Schrecken besser wirkt.
- Dann die ersten Verstimmungen: Wie grauslich ist das Spülbecken? Fallen dir da zusätzlich zum zurückglotzenden Fett noch ein paar verstörende Details ein?
- Wo möchtest du den Kipppunkt setzen: Mir kommt vor, mit der "schreienden Hand" nimmst du den kommenden Schrecken schon vorweg und schwächst ihn dadurch ab.
- Dann das Finale: War es ein Unfall? Absicht eines Mitbewohners oder einer Mitbewohnerin? Ein Nachtalb aus dem Abflussrohr? Von mir aus kannst du hier ruhig deutlicher werden. Blut, Schmerz, Splatter. 

Für diesen Kurs sind nämlich beide geflügelten Worte richtig: 
"Weniger ist mehr!", aber ebenso "Dezenz ist Schwäche!"
Christine Zureich sagt
05.10.2023 20:12
ha! dezenz ist schwäche! damit kann ich was anfangen. dank auch für die fragen, ich werde noch mal ran und dick auftragen!