beitrag von: trivialpoet
keile in der küchenzeile
vom traum gemartert wachte er auf.
der dunkle schlund der schreibtischschublade schrie ihn an: schau nach!
zitternd taumelte er nach vorn, stieß sich mit dem nagel des großen zehs ins gelenk des anderen fußes. sein t-shirt klebte schweißhäutig an ihm, aus der küche röhrte die alte wasserleitung,
gluckerte wie besoffen der heizkörper, kotzte die abzugshaube das tagsüber inhalierte auf den blinden spiegel des ceranfelds. der schmerz des großen zehs, des knöchels, zwang ihn in die hocke.
so hüpfte auf dem flurboden der küche entgegen, lehnte sich an die wand, schob sich nach vorn und glotzte in die küche. in der spüle zappelte ein skelettmann aus dreckigem geschirr. ihm schoss blut aus dem wasserhahn auf die salatschüsselkalotte, während der soßenlöffel klirrend auf den skelettmann einschlug, im backofen das höllenfeuer glühte und der wasserkocher la paloma pfiff.
verdammt dachte er, jetzt feierte diese irre küchencrew schon wieder vorzeitig helloween.
review von: peter waldeck
Ich liebe Skelette (und seien sie aus Geschirr)!
Wunderschön, wie ich hier in eine wüste Alptraum-Szenerie hinein- und wieder herausgestoßen werde.
Noch besser fände ich es ohne die Teilerklärung am Ende, dass es sich hier nur um Vorbereitungen im Zuge von Halloween handelt. Die Auflösung wäre für mich nicht notwendig, traue dich, im Ungefähren zu bleiben. Wir haben hier einen Safe Space für das Bedrohliche. Nutze ihn!
Du kannst dir auch überlegen, gleich mit "zitternd taumelte er nach vorn" zu beginnen, das hätte dann noch mehr Drive. Der folgende Teil ist schon recht gut. Lies ihn dir laut vor, dann bekommst du auch gleich mit, wo du den Text rhythmischer machen kannst.
Manches kannst du streichen (zum Beispiel "schweißhäutig" brauchst du nicht, das T-Shirt klebt ja schon an ihm, ich habe da schon das ganze Bild; hebe dir das Wort für einen anderen Text auf). Auch "lehnte sich an die Wand, schob sich nach vorn und glotzte in die Küche" wäre so ein Kandidat für einen gewagten Strich. "So hüpfte er auf dem Flurboden der Küche entgegen. In der Spüle zappelte ein Skelettmann aus dreckigem Geschirr ..."
Vielleicht fehlt dir noch das eine oder andere wüste Bild in der Küche. Gibt es Insekten? Komische Beschriftungen? Hat der Protagonist Sorgen (der Schlund der Schreibtischschublade lässt mich an einen exzessiven Faulenzer denken)?
Dann hätten wir einen blitzschnellen Lovecraft'schen Mini-Alptraum!
Was sagst du?
- ehrlicherweise hatte ich etwas bedenken, mit solch vielen horror-spezifischen chiffren zu arbeiten. aber ich befürchte mal, selbst der abgedrehteste plot kommt nicht ohne diese aus.
- ja, der einstieg in einen text ist immer schwierig. und der marternde traum ja auch fast schon ein allgemeinplatz.
- als ich so gerade am fabulieren war, geriet ich unvermittelt ans limit und sah mich „genötigt“ eine “pointe“ zu finden. klar, dass fällt wohl auf.
- // der Schlund der Schreibtischschublade lässt mich an einen exzessiven Faulenzer denken)? // - wohl eher an beseelltes mobilar ;-)
- insekten, beschriftungen, alles attraktive atmosphärische attribute – guter hinweis
- sicher ließe sich manches eindampfen und rythmisch optimieren...
- danke