beitrag von: Margott
Therapeutisches Schreiben
Nach einem Chemo-Zyklus verließ mein Vater tagelang nicht das Schlafzimmer. Er pinkelte in einen kleinen blauen Eimer neben seinem Bett, den ich zweimal täglich leerte und mit Desinfektionsmitteln spülte. Er fragte nach den Katzen. Ich sagte, dass die Katzenmutter sie nicht mehr säugt und zurückgelassen hat. So etwas komme vor, wenn sie zu jung werfen, erläuterte er. „Du bist gerade der Mann im Haus“, sagte er. Zu klischeehaft. Zu schmeichelnd. Der Text dürfte jetzt gern etwas über sich selbst reden. Schau in den Spiegel, sag dreimal „meta“ und dreh dich im Kreis. Nein, machen wir Ernst! Mein Vater erklärte mir, wie es geht, aber ich war noch nie ein guter Werfer. Darum nahm ich die Schaufel. Als Untergrund wählte ich eine kleine Zementplattform im Garten und betete, dass die Bemoosung den Schlag nicht zu sehr dämpfen würde. Beim ersten Mal haute ich nicht fest genug zu. Den nächsten Wurf zog ich mit der Flasche groß.
review von: peter waldeck
Und wieder ein supriger, feiner Text. Ich mag den Bogen: von der Chemo des Vaters bis zum grausamen Katzenmord, zuletzt siegt doch das Mitgefühl. Auch spitze: der kleine Einschub, eine Art Meta-Break zwischendrin, damit der Text durchschnaufen kann.
Und so lerne ich aus diesem Kurs … Katzen, Lyrik, Borkenkäfer – das sind eure größten Alpträume!