beitrag von: Mario1968
Tournee der Herzen
Ist er nicht süss, der kleine Käfer? Im April kommt er neugierig aus seinem finsteren, doch kuscheligen Versteck hervor. Wenns wieder schön ist; wenn der Frühling seine Pracht entfaltet; wenn die juvenile Käferwelt sich paaren möchte! Dann fliegt er (und auch das zum ersten Mal!) dank der putzigen Flügelchen mutig in die Welt - direkt zum nächsten Baum, … sofern vorhanden. Gesund muss er sein, der neue; unbedingt! Strotzen muss er! So wie das Käferchen selbst! Der liebe Vorgänger, in dem der Käferbub die Ehre hatte, gezeugt zu werden und heranzuwachsen, der liegt (leider, leider) nun im Sterben. Die fröhliche Käferschar sagt dem maroden Gevatter, der so lange ihr Freund war, mit einem weinenden und einem lachenden Auge Adieu! Jetzt zählen andere Dinge für sie. Zu zig-Tausenden verlassen sie die Heimstatt. Ach was, Millionen sind es, die das tun! - Sie besiedeln hektarweise neuen Wald; ein Anblick, der Hoffnung gibt. - Schade, dass Walt Disney sich nicht für Borkenkäfer interessierte.
review von: peter waldeck
Hach, hach! Dieser Text wärmt mein Herz, als würden tausend Borkenkäfer darin wuseln. Allein der letzte Satz "Schade, dass Walt Disney sich nicht für Borkenkäfer interessierte" sollte irgendwo auf einem Grabstein stehen oder wuchtig auf einem Buch. Schon gehen in meinem Kopf die Filme an, und ich sehe Zeichentrick-Borkenkäfer tollpatschig durch die Gegend flirren und die Lebensgrundlagen von armen Waldbesitzern zerstören.
Du hast dir die Extra-Bonuspunkte mit diesem Text wahrlich verdient.
Ich liebe Borkenkäfer (vor allem in der Literatur) und habe ihnen auch schon so manches Denkmal gesetzt, zum Beispiel in meinem Theaterstück "Crackhouse of Horrors", wo in einer kurzen Sequenz ein aus Versehen Begrabener in seinem Sarg erwacht. Zum Glück hat er sein Handy eingesteckt, zum Pech gehen die verzweifelten Anrufe aus dem Grab nicht an seine Freund*innen, die Mutter und die Polizei, sondern ausschließlich an die Borkenkäfer-Sexhotline.