beitrag von: DanielRitter87
Zombieaugen
Ich sitze im Auto und starre auf die Ampel. Ein befremdliches Rot.
Männer sitzen am Straßenrand, sie lauern, ahnungslose Autofahrer aus dem Verkehr zu ziehen. Jetzt wird aus Ampelrot ein Ampelgelb, roter Sand, der sich im Orange verliert. Ich spüre, wie sich mein Kopf senkt, als versuche jemand, mein Auto anzuheben. Meinen Körper schmeißt es nach vorn und ich hänge im Gurt. War ich das?
Die Zeit steht still. Der Wahn sitzt fest, zwischen den Türen, bevor das Orange ins Grün hineinfließt, Gelb wird.
Gelb ist so ein Zwischending. Ein Gefangensein zwischen den Farben. Der Tod ist ein Maler, unentschlossen Seelen ins Grüne, ins Wartelicht-Gelb zu lassen.
Ich fürchte mich, vom Licht, das die Seite der Farbe wechselt. Ich lasse das Fenster herunterfahren und es fühlt sich wie eine große Lüge an. Mir wird schwarz vor Augen.
Hinter mir höre ich ein Auto. Der Wolfsmotor heult auf, wer hupt da, wer führt mich zum Licht?
Endlich kommt das grüne Licht zurück und ich fahre hindurch.
review von: peter waldeck
Paranoia-Szenerie an der Straßenkreuzung, ein sehr gutes Thema. Da entsteht eine interessante bedrohliche Atmosphäre beim Lesen, und es rinnt mir grau den Rücken runter. Chapeau!
Du hast zwei sehr gute Ansätze, die du bei einem längeren Projekt sicher parallel entwickeln kannst. Hier auf kurzer Strecke würde ich mich entscheiden: Geht es hier 1) um eine Person, die sich in eine fürchterliche Farbenangst verstrickt, die sie immer tiefer in den Wahn führt? (Anm.: Super!)
Oder 2) sitzt hier jemand, der Angst hat, weil das Stehenbleiben in dieser Gesellschaft nicht immer gut ausgehen muss? (Anm.: Auch super!) Mich würden die lauernden Männer am Straßenrand interessieren. Was haben sie mit den ahnungslosen Autofahrern vor?
Schau dir auch nochmal deine Metaphern an, ob sie an jeder Stelle so überpoetisch sein müssen, oder ob man hier den Tonfall da und dort etwas lakonischer gestalten könnte. Dann wäre es meiner Meinung nach noch stärker!
Was meinst du?