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halt’s maul, wasserhahn!

beitrag von: magnus

Poesie einer Dichtung

Im Fachgeschäft für Dichtungen
suchte ich Poesie.
Man sagte mir, ich wär hier falsch.
Ich sagte, falsch wären die,
die niemals suchten Dinge wie
die Wahrheit, die den Kern
der Welt heimlich zusammenhält,
doch mir läge das fern.

Man fragte mich, ob ich da oben
wäre noch ganz dicht
und bot mir eine Dichtung an.
Zufrieden war ich nicht.
Ich konnte nichts damit anfangen
(sinnlos schien dies Ding)
und so begann ich mein Ersuch
von vorne anzubringen:

"Mein Herr, wo finde Schriften ich
von Meistern großer Kunst",
erfragte ich, worauf er mich
verwies - in seiner Gunst -
auf ein gerahmtes Werk, dass sich
hinter ihm an der Wand
versteckte und auf jenem sich
ein Meisterbrief befand.

"Heureka, Meister, welch ein Glück
euch selbst hier anzutreffen",
frohlockte ich, als er vor Wut
fast schäumte. Wie besessen
wirkte er, als jene Dichtung,
die er mir anbot,
parabelhaft und absichtsvoll
in meine Richtung flog.

Ich duckte mich, doch es misslang,
ich konnte nicht ausweichen,
worauf ihr daraufhin gelang,
mich endlich zu erreichen.
Als sie mich traf, durchdrang es mich.
Ich sah die Ironie.
In kleinen Dingen findet man
die größte Poesie.

review von: stefan slupetzky

sehr schön lässt der doppelsinn von worten (dichtung, meister) die handlung ins absurde driften. auch metrisch ist das gedicht gelungen. einzig einige worte reimen sich nicht: "ding" und "anzubringen", "anzutreffen" und "besessen", "anbot" und "flog"
Erik Müller sagt
25.06.2020 17:38
Erneut herzlichen Dank für die Blumen und Hinweise.

Bei den Reimen habe ich ein etwas anderes Empfinden. Ich mag eher wohltemperierte, statt exakte Reime, die ich bewusst verwende. Eher auf ähnlich klingenden Vokalen basierte. Im Hip Hop werden diese häufig (oder Haifisch?) benutzt. Ein krasses Beispiel hab ich auf dieser Seite gefunden, in dem sich "abhäng" auf "Mustang" reimt: https://genius.com/Matza-di[…]imschemata-teil-1-annotated

"Ding" und "anzubringen" war tatsächlich nicht gewollt. Hier kommt mein sächsischer Heimat-Dialekt zum Vorschein. Da würde es "anzubring" ausgesprochen. Passiert mir immer noch gern.