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halt’s maul, wasserhahn!

beitrag von: magnus

digital life

Die Werbung hatte suggeriert,
ich bräuchte dringend ein
smartes Verbesserungsgerät.
Endlich ist es nun mein.

Es wäre jeden Euro wert.
Weshalb noch Zeit verlieren,
mein Wohlbefinden und mein Tun
entspannt zu optimieren.

Die work-life balance will gepflegt
sein. Lebenszeit ist knapp.
Zu Glück nimmt dieses Wunderwerk
der Technik mir dies ab.

Es sagt mir, wann ich ruhen muss
und wie weit ich noch gehen
sollte, um dem Tagesziel-
rekord nicht zu entgehen.

Die Krankenkasse kennt mich nun
und weiß durch meine Cloud,
dass ich der Archetypus bin,
der selber auf sich schaut.

Dadurch kann ich Geld mir sparen.
Neu ist morgen Schrott.
Das Nachfolgemodell Pro X
führt sonst in den Bankrott.

Ich programmierte es, so wie
man es für mich beschrieb,
und dennoch raubt das kleine Ding
mir meinen Lebenstrieb.

Kaum leg ich mich entspannt zur Ruh,
vibriert das schlaue Teil
an meinem linken Handgelenk,
auf dass ich mich beeil

mich zu bewegen, weil dies gut
für Geist und Körper ist.
Auf Ersteres geht es mir schon,
seit es den Puls mir misst.

Ich krieg noch einen Herzinfarkt,
so oft wie es mich aus
den allertiefsten Träumen reißt.
Ich schlafe kaum noch aus.

Es raubt mir noch den letzten Nerv,
doch bleib ich ganz entspannt,
da es mein Stresslevel mir zeigt.
Bald werf ich's an die Wand.

review von: stefan slupetzky

den hass auf smarte verbesserungsgeräte kann ich gut verstehen. auch im hinblick auf den rhythmus ein gelungenes gedicht. überlegenswert wäre, die beiden identischen reime "gehen" - "entgehen" (4. strophe) und "aus - "aus" (10. strophe) zu ersetzen
Erik Müller sagt
25.06.2020 17:40
Nochmals danke. Ihr geübtes Auge hat die Schwachstellen gut erkannt.