beitrag von: schwarzesoja
Eine Bürste in der vertrauten Fremde.
Ich begegne dir bei Freunden, auf der Arbeit oder in meiner Lieblingskneipe morgens um halb drei, und ich hasse dich. Ich mag dich nicht, will dich nicht einmal berühren und viel zu oft, nicht einmal nach dir Ausschau halten. Zuhause bist du mir die Liebste. Doch hier, in der vertrauten Fremde, bist du mir ein Graus, oder eine Enttäuschung. Du, vor mir, bist entweder zu still oder zu dreckig. Still und so unschuldig weiß, dass neben dir das Porzellan mit seinen Rissen und den gelbgefärbten Rändern, als Leinwand dient, dass die Bremsspuren meiner Vorgänger, braun, wie Höhlenmalereien aussehen lässt, die es zu erhalten gilt. Als könntest du nicht sprechen, nicht schreien: Hier bin ich, benutze mich! Aber nein, du bleibst stumm, in der Ecke stehen. Tatenlos. Unterlassene Hilfeleistung für meine Sinnesorgane, bei denen ich immer froh bin, dass sie nicht richtig funktionieren. Und manchmal mag ich dich nicht einmal mehr anfassen, obwohl es nötig wäre. Denn dann liegst du bereits schon am Boden, ganz verlegen, mir abgewendet, wie ein nasser Hund. Ich sehe dein Fell, in denen fremde Haaren, fremde Bröckchen oder alter Zellstoff sich hineingefressen haben. Auch du bräuchtest Pflege, doch ich wende mich von dir ab. Ich kann es nicht tun. Es ist besser für uns beide. Also mache ich das Licht aus und du bist fort.
review von: stefan slupetzky
ein text, der sich der unappetitlichkeit des themas auf leisen pfoten nähert, wobei sich ein paar sprachliche wendungen noch verfeinern ließen. inhaltlich jedenfalls sehr stimmig. schon die band "remasuri" hat ja gesungen: "gacken is am leiwandsten daham".