beitrag von: IwanTerenko
Hassrede gleich gegen den Alltag im Ganzen
Das Bier war sehr süffig. Ok. Der Whisky hatte eine hohe Oktanzahl. Über 40 % Alk. Nicht so schlecht. Abwechselnd schüttete Richard sich ein Stamperl Whisky und zum Nachspülen einen vollen Mund Bier rein. Lise war, wie des Öfteren in der letzten Zeit, nicht da. Sie hatte vor einigen Stunden Daniel und ein paar Taschen mitgenommen, war mit all dem Zeug an Richard vorbeigestürmt. Dann war sie weg gewesen und die Haustür knallte ins Schloss rein.
Manchmal träumte Richard, dass einfach alle Menschen starben.
Die Whiskyflasche würde bald leer sein. Es war 21: 48.
Das Wetter war auch eine rechte Scheiße. So kalt und trüb und dauernd regnete es.
Gerade hatte sich Richard aus der Küche eine frische Dose Gösser geholt. Er hatte dabei ein Rascheln gehört, hatte schon gedacht, die ausgebüchste Wüstenspringmaus würde da irgendwo zum Vorschein kommen, damit er sie zertreten konnte. Aber es war nichts gewesen. Nichts. Immer nur nichts…
Richard saß an seinem versauten Schreibtisch.
"Schauts mich an!" schrie Richard, nun am offenen Fenster stehend. Es regnete nach wie vor, Mitternacht war längst vorbei, es hörte ihn wohl niemand, außer den Nachbarn, denen er eh schon längst vollkommen wurscht war, genauso wie sie ihm. "Schauts mich an! Was aus mir geworden ist! Hier vor euch in dieser Freakshow tritt nun auf: Ich, Familienvater und frustrierter Dorfkinstler!"
Böses Blut…
review von: stefan slupetzky
eine szene, die wie ein ausschnitt aus einem längeren text wirkt. interessant ist die stilmischung: einerseits kurze, trockene sätze wie aus einem amerikanischen hard-boiled-krimi, andererseits sehr österreichische anklänge ("gösser", "Schauts mich an!").
gefangen im dorf, von frau (freundin?) und kind verlassen, betrunken und von der gemeinschaft ausgestoßen: ein klassischer hassmoment. auch ein moment des selbsthasses, nebenbei.