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träumen

beitrag von: ConstanzeG.

am boden meines zimmers

nachts wache ich jetzt öfter auf. allerhand gedanken gehen mir durch den kopf, allerhand gestalten tauchen mir auf. man könnte sagen, ich denke über mein leben nach. aber das hieße, meinen einfluss zu überschätzen. sobald ich die decke zurückschlage und ins bett schlüpfe, ballen sich die vertanen stunden zusammen. als schwarze schlacken breiten sie sich auf dem boden aus. ich höre, wie sie blasen werfen. ich liege im bett ohne mich zu rühren. nur meine gedanken sind unablässig in bewegung. sie suchen ausflüchte: nicht vertan habe ich die zeit, recherchiert habe ich ... solche gedanken gehen mir durch den kopf. ich verfolge sie, wie ein mutloser angeklagter hinter seinen anwälten hergeht, die er nicht bremsen kann, obwohl er weiß, dass die sache verloren ist. mit jedem abwiegeln steigt die schlacke höher. ich vergrabe den kopf in den kissen. schon schwappt die schwarze stundenmasse gegen das bettgestell. ich habe keine wahl. ich muss mich aufsetzen, muss die nackten füße in die schlacke setzen. saugende geräusche bei jedem schritt. manchmal gelingt es mir, den schreibtisch zu erreichen und eine arbeit zu beginnen, die bestand haben könnte, wenigstens bis zur kommenden nacht.

review von: peter rosei

wieder gelungen. auch das schlackenbild (metapher). - es könnte ein lohnendes unternehmen sein, zu versuchen, die gegebenheiten ins allgemeine zu heben, zu versuchen, einen typus zu erfinden …

da grüßt dann etwa kafka von fern - siehe seine tagebücher und briefe.
Constanze Geertz sagt
21.04.2020 19:56
danke, auch dafür, dass Sie so rasch antworten. die tagebücher habe ich leider nicht im Regal (und wann die bibliotheken hier wieder öffnen, steht in den sternen), aber die briefe an felice lese ich gerade und finde nicht nur literarische anregung darin, sondern sogar trost für diese beklemmenden zeiten, z. b. hier: "ich muss unsicherheiten in mir aufhäufen, ehe sie eine kleine sicherheit oder ein brief werden."